Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1348-1390)

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Ebm. Mainz 2, Nr. 329

1383 Dezember 21

Der Jude Bonifant, eingesessener Bürger zu Alzey, bekundet, dass er gegen den Juden Lazarus, ebenfalls eingesessener Bürger Alzeys, etliche ehrenrührige Anschuldigungen zu Unrecht erhoben hat. Bezüglich dieser Vorwürfe und allen bis zum gegenwärtigen Tag vorgefallenen Streits haben sich beide Juden nun ausgesöhnt. Bonifant erklärt für sich, seine Ehefrau Jutte und alle ihre Erben, dass sie kraft vorliegender Urkunde einem jeden, gleich ob Christ oder Jude, verziehen haben und verzeihen wegen Gefangenschaft, Bußstrafen, Gaben, Worten oder Werken im Zusammenhang mit Lazarus bzw. durch diesen oder aufgrund desselben. Davon ausgenommen sind strittige Erb- und Schuldangelegenheiten. Um ihre Konflikte zu klären, hatten beide Ratleute gewählt. Falls Bonifant oder Lazarus den jeweils anderen vor dieses Gremium fordern, soll jener sich zu letzterem begeben. Die Entscheidung selbigen Rats werden beide weiterhin akzeptieren und strikt einhalten. Wenn beide damit einverstanden sind, werden sie jedoch auch eine Sühne dieser Schiedsgerichts bezüglich der strittigen Erb- und Schuldfragen nicht scheuen. Das entsprechende Urteil wollen Bonifant und Jutte dann unverbrüchlich einhalten und weder christliches noch jüdisches Recht dagegen einsetzen, sonst verfallen sie einer Strafe in Höhe von 1.000 Mark lötigen Silbers, zahlbar an ihren Herrn, Pfalzgraf Ruprecht den Jüngeren, Herzog in Bayern, für welches Geld letzterer sie überall pfänden darf. Ferner sollen Bonifant und Jutte in diesem Fall unter den Christen wie unter den Juden als meineidig und ehrlos gelten. Das Ehepaar erklärt, die Einhaltung all dieser Vereinbarungen für sich und seine Erben auf die Torah beschworen zu haben. Für sich, seine Frau und die Erben hat Bonifant diese Urkunde nach jüdischer Form und Gewohnheit unterzeichnet und den in Alzey ansässigen Edelknecht Junker Werner von Heppenheim sowie Seimann den Jungen, Ratsherr und Schöffe zu Alzey, die Urkunde jeweils zu besiegeln gebeten; die Juden Mose Nürnberg, ansässig in Heidelberg, Rabbi Süßlin und Rabbi Joselieb, beide zu Speyer wohnhaft, ersuchten der Aussteller und seine Frau, die Urkunde nach jüdischer Form und Gewohnheit zu unterfertigen, wozu sich alle Fünf abschließend bereiterklären.

Ich, Bonifand, iude und geseszen burger zú Altzey, bekennen und dun kunt allen den, die diesen brieff sehent, lesent oder horent lesen, want ich, Bonifand, Laszarum iuden, auch geseszen burger zú Altzey, mit etwe viel stucken sine ere anrorende geschuldiget han, daran ich yme doch unrecht getan han, umbe dieselbe stucke und umbe alle zweyunge, gespan und missehellunge, die wir zwene miteynander und geyneynander gehabt han mit off diesen hutigen dag, sin wir miteynander gutliche und frundlich gesünet, verriechtet und vereynet. Und han auch ich, Bonifand obegenant, und Iutte, mine húsfrauwe, vor uns, alle unser erben und eynen yegelichen von unsern wegen itzunt un [!] in kuͦnfftigen ziiten [!] off den obegenanten Laszarum und alle sine erben und off allermenglich, er sij cristen oder iude, gentzlich und luterlich verziegen und verzihen mit crafft dieses briefis umbe alle stucke, ez sij gefengnisse, beszerunge, gabe, worte, wercke, welcherley und wie viel und wenig die gewest sint und sich herlauffen und ergangen hant mit Laszaro, von Laszaro und von Laszarus wegen biz off diesen hutigen dag, uszgenomen umbe erbe und umbe scholt. Darumbe wir vor bede radlude gekorn han, daz sol noch an denselben radluden sten, also wanne unser eynr den andern vor dieselben radlude fordert und ermanet, ane geverde, derselbe also ermant sol vor dieselben radlude komen, ane geverde, und wie sie uns dan darumbe entscheident, daz sollen wir also halden und festiclich dabij verliben. Doch ob ez uns beiden füget und mit willen ist, so mogen wir uns, unser frunde umbe dieselbe scholt und erbe auch laszen riechten. Und diese súne, beriechtunge und bereynunge und alle stucke obegenant sollen wir, Bonifand und Iutte obegenant, unser erben und menglich von unsern wegen, ane geverde, ewiclich, stede und unverbruchlich halden und nummer dar wieder duͦn noch schaffin getan werden mit worten oder wercken, heymelich noch offenbar, mit cristen rechten noch mit iudeschen rechten noch in eynicher hande, forme und wiise. Und werez, daz Got verbiede, daz wir sementlich oder sunderlich diese obegeschrieben stucke, eins oder me, kuntlich und merclich brechen und ubefúren, [!] so sollen wir und unser erben dem durchluchtigesten hochgeborne fursten und herren hern Ruͦprecht dem iungern, pfaltzgrave bij Ryne und hertzog in Beyern, unserm lieben gnedigen herren, verfallen sin dusent marg lodiges silbers, als dicke daz geschehe, demselben unserm herren, dem hertzogen, und sinen erben zuͦ geben und darumbe von demselben unserm herren, dem hertzogen, sinen erben und den iren an unserm libe und an unserm guͦde angriffig sin an allen enden und sulden auch bose, meyneidig und erlois sin in der cristenheit und in der iudescheit und vor allermenglich und sol uns wieder diese obegeschrieben stucke und artickele nit zü scaden sten in cristen oder in iudeschem eyncherhande recht, gesetze, friheit, schirme, gewonheit oder andere were und sache. Und ich, Bonifand, und Iutte obegenant han alle und yegeliche obegenant stucke globt und off her Moyses buch gesworn als hoe, als iuden bilch sweren sollent vor uns, alle unser erben und eynen yegelichen von unsern wegen, ane geverde. Und auch zü festem orkunde han ich, Bonifand obegenant, vor mich, Iutten, myn husfrauwe, alle unser erben und eynen yegelichen von unsern wegen diesen brieff in iudescher forme und gewonheit gehesemt und han auch beide gebeden, den vesten edelknecht iuncher Wernher von Heppenheim, zu Altzey geseszen, und hern Syeman den iungen, radherre und scheffin daselbs, daz ir yegelicher sin eigen ingesiegel an diesen brieff gehangen hat, und han auch gebeden diese nachgeschrieben iuden, mit namen her Mose Nuͦrenberg, zü Heidelberg geseszen, hern Suszelin rabin und her Ioseliep rabin, bede zuͦ Spire geseszen, daz ir yegelicher diesen brieff auch gehesemt hat nach iudescher forme unde gewonheit, allez zú grozenn gezugnisse und ubersagunge aller vorgeschrieben dinge. Des ich, Wernher edelknecht, und Syeman der iunge obegenant und auch wir, diese iuden Mose Nuͦrenberg, Suszelin obegenant und Ioselieb, auch obegenant, uns auch allez follentlich erkennen mit diesem genwirtigen brieffe, der geben ist nach cristelicher forme und schriben nach Cristus gebürte drutzehenhundert iare und in dem drü und achtzigesten iare off sant Thomas des zwolffboden.

שמוא' ב''ר יחיא' הלוי

זושלין עזרי' ב''ר משה אז''ל

יוסף ב''ר יונה שלי''ט

העלוסב משה בה''ר יוסף זלה''ה

Samuel, Sohn des Herrn Jechiel HaLevi

Suslin Asriel, Sohn des Herrn Mose, sein Licht möge in die Ewigkeit strahlen

Josef, Sohn des Herrn Jona, er möge lange, gute Tage erleben

Der ärmliche Mose, Sohn des Rabbiners Josef, sein Andenken sei zum Leben der zukünftigen Welt (1)

(1) Bonifant hieß mit Sakralnamen Samuel, Sohn des Herrn Jechiel HaLevi.

Überlieferung:

Darmstadt, StA, A 2, Nr. 4/26, Orig.; https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/digitalisatViewer.action?detailid=v12408&selectId=43121577 (Digitalisat), dt. und hebr., Perg.

  • Ziwes, Studien (1995), S. 170 und 171 f., Anm. 359;
  • GJ 3, 1, S. 13, Anm. 14, und 526, Anm. 33.;
  • Böcher, Geschichte (1973), S. 196;
  • Rothschild, Judengemeinden (1904), S. 43 (zu 1433);
  • Löwenstein, Geschichte (1895) , S. 15.

(gem./ale.) / Letzte Bearbeitung: 23.08.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, MZ02, Nr. 329, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ02/MZ-c1-009p.html (Datum des Zugriffs)

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