Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1348-1390)

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Ebm. Mainz 2, Nr. 361

1385 September 29

Erzbischof Adolf [I.] von Mainz bekundet, dass er [den Juden] Gottschalk Gans von Mergentheim mit Ehefrau Gutrate, Kindern und Dienerschaft als Bürger seiner Stadt [Tauber]bischofsheim aufgenommen hat und ihnen allen in seinen Städten, festen Orten und Gerichten Geleit gibt. Gottschalk hat dafür Geld gezahlt, dass er vom nächsten Martinstag an ein Jahr lang völlig frei in einer Stadt oder einem Burgort des Erzstifts ansässig sein kann. Der Erzbischof verspricht, dass weder er noch seine Funktionsträger die Juden zu Zwangsanleihen oder Zwangsabgaben zwingen werden. Gottschalk und die Seinen erhalten ferner die Zusicherung, gegen ihren Willen nichts mit den Beden oder Steuern oder sonstigen Angelegenheiten der übrigen mainzischen Juden zu tun haben zu müssen. Sollten die erzstiftischen Juden dennoch solche Zahlungen mit einer Begründung aus dem jüdischen oder einem christlichen Recht von ihnen verlangen, wird der Erzbischof Gottschalk Gans helfen und ihn und die Seinen schadlos halten. Werden letztere von Christen und Juden des Frevels beschuldigt, müssen sie fünf Pfund Strafe zahlen; ausgenommen davon sind Verwundungen, Mord oder ehrabschneidende Worte. Die Amtleute werden vom Erzbischof angewiesen, den Juden beim Schuldeneintreiben zu helfen. Dieses Hilfsversprechen gilt auch für den Fall, dass die Juden, was ihnen freisteht, Hintersassen eines anderen Herrn geworden sein sollten. Will Gottschalk Gans seinen Aufenthalt im Erzstift jedoch verlängern, muss er jedes Jahr hundert Gulden bezahlen. Wenn er dies über Martini hinaus nicht möchte, soll er dem Erzbischof hundert an den tausend Gulden nachlassen, die Adolf ihm noch gemäß der Urkunde schuldet, die Gottschalk darüber besitzt. Auch nach dem Martinstag besteht der erwähnte Anspruch auf Hilfe beim Eintreiben von Schulden. Wenn Gottschalk das Kurmainzer Gebiet verlässt, erhält er mit seiner Familie und dem Gesinde vier Meilen Geleit in jeglicher Richtung. Falls sie weder dem Erzbischof noch seinen Leuten etwas schuldig sind, dürfen die Juden unbehelligt ihres Weges ziehen. Entschließt sich Gottschalk zur Rückkehr nach Mergenhteim, soll er am Martinstag die hundert Gulden Zins entrichten und der Erzbischof ihn wieder vertraglich in seinen Schutz nehmen.

Wir, Adolff etc., bekennen offenlich mit diesem brieffe, fur uns und alle unser nachk[omen] und tun kunt allen den, die diesen brieff ansehen, lesen oder horen lesen, daz wir Gotschalk Gans von Mergentheim und Gutraten (1), sine husfrauwe, und ir kind und ir husgesinde entphangen haben tzu burger tzu Bischoffsheim in unser stat und haben in auch genade getan und tun sie yn mit urkunde dieses brieffs und geben in ein gut slecht geleyde in allen unsern steten, sloszen und gerichten vor uns und den unsern und vor aller menlichen, ane alles geverde, ir lip und ir gude. Darumb hat er uns gedyenet und getan, dar an uns folleclichen benuget, daz er under (2) sitzen sal in welchen unsern steten und sloszen er wil, daz er sal sitzen fry, ledig und lois von sante Mertins tage, der neste komet nach dat[um] dieses brieffs (3) uber ein iar, ob er wil und yme fugesam ist. Auch sollen wir und die unsern des vorgenanten iuden und alle sin kint, die wile sie by yme sin, und sin degelich husgesinde nit drangen mit liehen oder mit geben, ez were mit getzwengnisse oder mit keynerley sachen, daz yn geschaden mochte und wider yren guten willen were, ane alles geferde. Und vertrosten auch den vorgenanten iuden und die sinen, die vorges[chriben] sten, fur uns und die unsern, daz sie keynerley tzuschicken sollen haben mit andern unsern iuden, mit bede noch mit sture noch mit keynen sachen, daz wider yren guten willen were und daz yn geschaden mochte, ane alles geverde. Were auch, daz ander unser iuden uns ycht sture oder bete geben und unser iuden dem vorgenanten Gotschalk und den sinen, als vorges[chriben] stet, darumb tzu sprechen mit eyme iudischem rechten oder mit eyme cristen rechten, da von reden wir, yme tzu helffen, an allen sinen schaden, ane geverde. Werez, daz der vorgenante iude, sine wip, kinde oder degelich husgesinde icht frevelten, des sie besaget werden mit cristen und mit iuden, den frevel sollen (4) sie buszen mit funff phunden, uzgenommen bintwar wonden, mort und wort, darumb yman siner eren enberen muste, an geverde. Auch reden wir unser amptlude tzu heiszen und mit yn (5) bestellen, daz sie den vorgenanten iuden forderlich behelffen sollen sin, ir schulde in tzu fordern, an geverde. Were auch, daz dem vorgenanten iuden nit fugesam were, under uns tzu sitzen, under welchen herren er sich dann hege, daz sal unser gute wille sin. Und sollen yn versprechen und tzu sinen schulden beholffen sin glicher wise, als er in unsern sloszen geseszen were, wartzu er unser begert die tzijt, als er mit uns getedinget hette. Were auch, daz der vorgenante iude lenger under uns blyebe nach den zijten, als vorges[chriben] stet, so solt er uns igliches iares dynnen [!] hundert gulden. Were auch, daz dem vorgenanten iuden nit fugesam were, under uns tzu bliben nach dem vorgenanten sante Mertins tage, so sal er uns geben hundert gulden. Und die sollen uns abe gan an den tusent gulden, die wir yme schuldig sin, (6) da er unsern brieff umb hat. (7) Und sollen yn auch daz iar nach dem vorgenanten sante Mertins tage versprechen und tzu sinen schulden beholffen sin, als vorges[chriben] stet. Und uff weliche zijt er von uns faren wollte, so sollen wir (8) die unsern die vorges[chriben] iuden und die yren, ir lip und ir gut, von uns geleiden viere mylen, wo sij hin wollen. Und sollen ungehindert und unbekummert von uns und den unsern sin, an geverde, ez were dann, daz sie uns oder den unsern kuntlich schult schuldig weren. Werez aber sache, daz der vorgen[ante] iude wider gein Mergentheim tzege (9), alle die wile da geseszen were, so sulde er uns ierlichen dienen mit hundert gulden uff sante Mertins dag in dem winter gelegen und wir yn dye selben wille verdedingen und versprechen vor unsern iuden, ane geverde. Datum (10) Des zu urkunde etc. Datum anne domini millesimo CCCᵐᵒ LXXXquinto, in die sancti Michaelis archangeli.

(1) In den Quellen zur Geschichte der Juden im STA Darmstadt, Nr. 460, S. 126, steht Guntrate" statt "Gutrate"; ferner trifft die Folio-Angabe nicht zu.

(2) An dieser Stelle zu erwarten: uns.

(3) 1385 November 11.

(4) Schwer lesbares Wort, eventuell nicht sollen, sondern solden.

(5) An dieser Stelle zu erwarten: tzu.

(6) Das Wort sin ist über der Zeile eingefügt.

(7) MZ02, Nr. 362.

(8) An dieser Stelle zu erwarten: und.

(9) Das Wort tzege (zöge) über der Zeile eingefügt; zu ergänzen: und.

(10) Das Wort Datum ist durchgestrichen.

Überlieferung:

Würzburg, StA, Mainzer Ingrossaturbuch 10, fol. 340r/v, Abschr. (14. Jh.), dt. und lat., Papier.

  • Regesten der Mainzer Erzbischöfe nach 1374/75 10, Nr. 615 (http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/1446) [Zugriffsdatum: 14. März 2016];
  • Quellen zur Geschichte der Juden im STA Darmstadt, Nr. 460, S. 126 (Folio-Angabe unzutreffend);
  • Ziwes, Studien (1995), Nr. 97, S. 289 (zu 1384);
  • Darmstadt, StA, R 11 A Kurmainzer Regesten, Nr. 30.
  • GJ 3, 2, S. 863 und 865, Anm. 38 f. (jeweils zu 1384).

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 20.12.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, MZ02, Nr. 361, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ02/MZ-c1-003z.html (Datum des Zugriffs)

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