Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1348-1390)

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Ebm. Mainz 2, Nr. 362

1385 [vor September 30]

Erzbischof Adolf [I.] von Mainz bekundet, dass er und das Mainzer [Erz-]Stift dem Juden Gottschalk [Gans] von Mergentheim, der in [Tauber]bischofsheim wohnt, bzw. seinen Erben 1.000 schwere Goldgulden schulden, zahlbar bis zum nächsten Martinstag, ab welchem Datum widrigenfalls ein wöchentlicher Verzugszins von zwei guten alten Frankfurter Hellern pro Gulden anfällt. Die Tilgung des Kredits soll in einer von Gottschalk zu bestimmenden Herberge entweder in Mergentheim, Grünsfeld oder Wertheim erfolgen. Dafür wurden dem Juden Bürgen gesetzt, die nach ihrer gegebenenfalls erfolgten Mahnung innerhalb einer Woche nach dem Martinstag einen [Edel]knecht und ein Pferd zu Christen oder Juden in eine Herberge in einer der genannten Städte ins Einlager entsenden müssen. Diese Leistung geschieht auf Kosten von Erzbischof und [Erz-]Stift, bis das Darlehen mit Zinsen und sämtlichen Unkosten zurückgezahlt ist. Für eventuell nötig werdenden gleichwertigen Ersatz im Einlager ausfallender [Edel]knechte oder Pferde muss der betreffende Bürge sorgen, für den Ersatz ausfallender Bürgen hingegen der Erzbischof. Tut er dies nicht, sollen die anderen Bürgen auf Mahnung hin unverzüglich selbst in Leistung ziehen. Kommt einer derselben seiner Verpflichtung aber nicht nach, darf der Jude seinen Besitz beschlagnahmen lassen. Der Erzbischof garantiert seinen Bürgen diesbezüglich Schadloshaltung. Er verzichtet auf jede mögliche Hilfe von Gerichten, Bündnissen oder Landfrieden, um den Juden dadurch an seinen rechtmäßigen Schuldforderungen zu hindern. Ebensowenig wird er ihn deswegen gegen seinen Willen an andere Herren, Ritter oder Edelknechte verweisen. Vorliegende Schuldurkunde ist in jedem Fall gültig, solange mindestens ein Siegel daran hängt, auch wenn sich formale Unzulänglichkeiten zeigen sollten, wie Schreibfehler, ein falsch befestigtes Siegel, Löchter, Verformungen oder Nässe. Der Aussteller verspricht, dass weder er noch sonst jemand jemals behaupten wird, die Schulden bei Gottschalk seien bezahlt, solange dieser über die Schuldurkunde verfügt bzw. seine Erben oder andere mit seinem Willen. Abschließend erkennen die Bürgen ihre Verpflichtungen unter Verweis auf die Anbringung ihrer Siegel an. Die angekündigte Aufzählung ihrer Namen fehlt ebenso wie eine Datierung.

Wir, Adolff etc., bekennen etc. fur uns und alle unser nachkomen und tun kunt allen den, die diesen brieff an sehen, lesen oder horen lesen, daz wir und unser stifft zu Mentze schuldig sin und gelten sollen dem bescheiden iuden Gotschalke von Mergentheim, geseszen in unser stat zu Bischoffesheim, und allen sinen erben oder wer diesen brieff ynnehat von sinen wegen mit sinem guten willen, wiszen und worte zehenhundert guter wolgeweuer [!] guldin, die gut sin von golde und swer genug und gerecht an gewichte, alles heuptguts, die wir yme oder unser nachkomen geben und betzalen sollen uff den nesten Mertins tag, der neste komet nach (1) data dieses brieffs (2). Und die obg[eschrieben] summe guldin sollen sten an schaden und ane gesuch hie zwischen und deme vorgenanten (3) sante Mertins tag. Und waz sie lenger bliben sten, unvergulten noch dem obgenanten zijel, so get furbaz von demeselben sante [!] vorgenanten sante Mertins tage alle wochen besunder uff yeden gulden zwene gute alte heller Francfurter werunge zu gesuch, man leiste oder nit. Und die obgenanten guldin sollen wir yme betzalen und antwerten ane alle sinen schaden gein Mergentheim, gein Grunsfelt oder gein Wertheim in der dryer stede eyne, wo wir und in weliche herberge hein [!] bescheiden wurden, ane geverde. Hirumb so haben wir dem obgenanten iuden und sinen erben zu burgen gesetzt die erbern lute, die hernach g[eschriben] sten, alle unverscheidenlich und menliche fur vole. Were ez sache, daz wir oder unser nachkomen dem vorgenanten iuden oder sinen erben oder den, die diesen briff ynnehetten, mit yren guten willen, wiszen und worten die vorgenante schult, heubtgelt und gesuch, waz des wirt, nit geben und betzelten [!] uff den vorgenanten sante Mertins tag an die stede in der masze, als vor geschr[iben] stet, so hat der vorgenante iude oder sin erben oder die, die diesen brieff ynnehetten, von yren wegen, als vorgeschr[iben] stet, vollen und gantze gewalt, die hernachges[chriben] burgen zu manen. Und wanne sie danne von yn ermant werden zu huse oder zu hoffe, mit boden oder mit briefen oder munt widder munt, so sal ir iglicher unvertzogenlichen nach siner manunge in achtagen [!] einen knecht und ein pherd antwerten und stellen zu leisten in der dryer stede eyne gein Mergentheim, gein Grunsfelt oder gein Wertheim in eyne herberge, da yn in [!] bescheiden und benant wirt, ez were zu iuden oder zu cristen. Und die sollen leisten uff uns oder uff unser nachkomen schaden und nit von der leistunge zu laszen, als bisz daz yme heubtgut, gesuch, tzunge, botenlon, briffgelt und aller schade, der da von komen verer, gentzlich und gar betzalt und gerichtet wird, ane alles geverde. Were auch, daz sich der leistende knecht und pherd eyns oder me verleist, vertzeret oder sust abeginge in der leistunge, von welicherley abegange daz were, so sal ye der burge, des der knecht und pherd gewesin ist, als dicke und als uffte des not ist einen andern knecht und pherd antwerten und stellen unvertzogenlichen an des verleisten oder abegangen stat zu leisten, ane geverde. Were auch, daz der hernachges[chriben] eyner oder me abingen, (4) von dem lande furen, sterben, verarmeten oder enweren, des got nit enwolle und lange dafur (5) sy, so sollen wir yme y [!] eynen andern als guten burgen, gewiszen burgen [!] setzen in eynem mande, dem nesten nach dem als wir sin ermant werden. Geschee des nit, werden dann die andern burgen ermant, sollen sie unvertzogenlich infaren zu leisten in der masze, als vorgenant stet, und sollen als lange leisten, bisz daz ein ander als guter burge an des vervallen oder abegangen stat gesetzt wirt, ane alles geverde. Sich en sal kein burge mit dem andern entschuldigen umb verleistunge noch vertzihen, daz er iar und tag oder lenger ungemant bliben sin oder daz er in eynen andern leistunge sij, sunder welicher under yn ermant wirt, der sal unvertzogenlich in faren zu leisten in dem rechten und in der masze, als vorgenant stet, ane geverde. Were auch, daz etzlich burge die leistunge vertzoge und me enthilte und tede in der masze, als vor und nach von yn an diesen brieffe geschr[iben] stet, so hat der vorgenante iude oder sin erben und ir helffer oder die diesen brieff ynne hetten von yren wegen, als vorg[eschriben] stet, volen und gantze gewalt, derselben burgen phant anetzugriffen unverclageter dinge ane alle zorn und ane alle widerrede, wo sie die gehaben mogen, in huse, in hoffe, uff dem felde, an der straszen. Darane sollen sie nit vervelen in keyner wise, als lange bisz sie gehalden und reden in der masze, als von yn geschr[iben] stet, ane geverde. Auch reden wir fur uns, unser nachkomen und stifft zu Mentze diese hernachges[chribene] burgen gutlich zu ledigen und zu losen von dieser burgeschafft ane eyde und ane alle yren schaden, ane geverde. Auch vertzihen wir uns mit diesem brieffe und tun uns abe aller gerichte hulffe, sie sint geistlich oder werntlichen, pabistes ban, keysers oder koniges gebite oder echte und aller herren verbuntnisse und lantfride und aller frunde suͦnde [?], die yman erdencken oder ertrachten mochten, und sollen auch nyman zu legen, -gesten oder gestaden heimelichen oder offenlichen, daz dem vorgenanten iuden oder sinen erben oder den, die diesen briff ynnehetten mit yren guten willen, als vorgenant stet, an der vorgenanten schulde geschaden oder gehindern mochte in keyne wise, ane alles geverde. Auch sollen wir den vorgenanten iuden oder sin erben an nyman wisen, ez sie an herren, rittern oder knechten, mit der vorgenanten schulde, daz widder yren guten willen were, ane geverde. Dieser briff sal auch keyn versunisse (6) nit schaden, er sij missegeschr[iben] an worten, an bustaden (7), an artickeln, ob ein inges[igel] missehangen wurde, an eyner silben zu kurtz oder zu lang, er were locherecht, molecht (8) oder nasz, daz sal me alles keynen schaden fugen oder bebrengen und sal crafft und macht haben an aller stad und gein allermenlichen, alle die wile und als lange eyn inges[igel] oder me dar ane hanget. Wir mogen auch nit gesprechen noch nyman, daz dem vorgenanten iuden die schult vergulten sij, die vile [!] er oder sin erben diesen briff ynne haben oder wer yn dann ynnehette von sinen wegen mit sinen guten willen, wiszen und worte, ane geverde. Und des einen waren urkunde und zu eyner steten sicherheid so haben wir unser inges[igel] mit guter gewissen heisse gehangen an diesen brieff zu der hernachges[chriben] burgen inges[igel]. Dar under wir uns bekennen fur uns und alle unser nachkomen, veste, stede und unverbruchen zu halden, wie von uns geschr[iben] stet an diesem brieff, ane geverde. Und wir, die hernachges[chriben] burgen burgen [!] bekennen, unser iglicher under sinen eygen inges[igeln], die gehangen sin zu des obgenanten unsers genedigen herren inges[igel] an diesen briff, daz wir alle unverscheidenlichen also burgen wurden sin, und verbinden uns darunder mit guten truwen, gude burgen zu sin und burgen recht zu tuͦn und ware, veste und stede zu halden, wie von uns geschriben stet an diesen brieffe. Dise sint die burgen, von den vor und nach geschriben stet. (9)

(1) An dieser Stelle durchgestrichen: dada.

(2) 1385 November 11.

(3) Vorstehende zwei Wörter über der Zeile nachgetragen.

(4) So statt abgingen.

(5) Gemeint: davor.

(6) So statt versumnisse.

(7) So statt bustaben.

(8) "maulartig".

(9) Dass die Urkunde dem Jahr 1385 zuzuordnen ist, ergibt sich aus ihrem Umfeld im Ingrossaturbuch, die zeitliche Eingrenzung auf die Zeit nach dem 29. September stützt sich auf den Inhalt von MZ02, Nr. 361.

Überlieferung:

Würzburg, StA, Mainzer Ingrossaturbuch 10, fol. 356r-357v, Abschr. (leicht gekürzt oder nur ein Entwurf, 14. Jh.), dt., Papier; Darmstadt, StA, A 14, Nr. 303 (Fotokopie).

  • Regesten der Mainzer Erzbischöfe nach 1374/75 10, Nr. 635 (http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/2618) [Zugriffsdatum: 14. März 2016];
  • Quellen zur Geschichte der Juden im STA Darmstadt, Nr. 464, S. 127 (zu November/Dezember 1385);
  • Judaica im Staatsarchiv Darmstadt 1, Nr. 239, S. 51.
  • GJ 3, 2, S. 1450.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 20.12.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, MZ02, Nr. 362, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ02/MZ-c1-003y.html (Datum des Zugriffs)

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