Quellen zur Geschichte der Juden in Frankfurt und der Wetterau (1348-1390)

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Reichsstadt Frankfurt und Wetterau 2, Nr. 2357

1390 September 16, Nürnberg

König Wenzel bekundet, dass er sich angesichts der vielfältigen und verderblichen Schäden, die seinen und des Reichs Grafen, freien Herren, Rittern und Knechten und anderen (allirmenlich) durch unmäßige Zinsforderungen der Juden, seinen Kammerknechten (von unmeszigen gesuche der juden, unsern kammern knechten), entstanden sei und eingedenk des Umstandes, dass dieselben Grafen, Herren, Ritter und Knechte bei vollständiger Leistung dieser Zinsforderungen das Land verließen (lantfluchtig) und somit König und Reich nicht mehr zur Verfügung stünden, dazu entschlossen habe, zur Abwendung derartiger Schäden und mit dem Rat seiner Getreuen kraft seiner königlichen Macht mit dem gegenwärtigen Brief bestimmt, dass alle Fürsten, Grafen, Herren, Freien, Dienstleute, Klostergeistliche, Ritter und Knechte in den Ländern der Fürsten und Herren, Städte, Bürger und Bauern sowie alle Frauen und Männer, geistlich oder weltlich, gleichgültig welcher Ordnung sie angehören, jedoch im Land Franken ansässig sind, von allen Geld- und anderen Schulden, die sie gegenüber den Juden, unsern Kammerknechten, zu zahlen schuldig sind, sei es Hauptgeld, Zinsertrag oder Schaden, gleichgültig wo die Juden, die Gläubiger sind, ansässig sind und wohnen, große und kleine Schuldtitel, die bis zum heutigen eingegangen wurden und durch Briefe, Bürgen, Pfänder oder auf andere Weise abgesichert sind, vollständig quit, ledig und los sein, und dem Reich im Gegenzug für diese Befreiung nach ergangener Aufforderung einen Dienst leisten. Die Juden haben sämtliche Schuldbriefe und Pfänder zurückzugeben, damit sie oder ihre Erben zukünftig keine Briefe und Pfänder mehr besitzen. Sollten zwischen dem Pfandsteller und dem jüdischen Geldleiher Streitigkeiten entstehen, etwa, dass der Jude den Besitz der Pfänder leugnet oder behauptet, das Geschäft sei erst nach der königlichen Gnade eingegangen worden (von data dieses briefes), so kann sich der Schuldner an diejenigen Fürsten und Herren wenden, unter denen der betreffende Jude ansässig ist. Fürsten und Herren haben diesen Schuldner zu ihrem Recht zu verhelfen, bei Zuwiderhandlung droht die schwere Ungnade von König und Reich, weder Landfrieden, Freiheiten oder geistliche und weltliche Gerichte soll helfen. Zuwiderhandelnde sollen zudem als Räuber (zu reubirn) angesehen werden, ihr Hab und Gut ist einzuziehen und zu bekümmern und sie sollen wie durch einen Landfrieden gerichtet werden. Alle Freiheiten und Briefe, die möglicherweise an Fürsten, Grafen, Herren, Ritter und Knechte sowie an die Juden gegeben wurden und den vorangegangenen Artikeln entgegen stehen, werden durch König Wenzel für unfültig erklärt. Der Aussteller kündigt sein Siegel an.

Gebin zuͤ Norenberg, anno domini MᵒCCCᵒLXXXXmo, am fritage nach Exaltatio sancte crucis. (1)

(1) Die Abschrift im Frankfurter Kopialbuch 7 trägt die gleichzeitige Überschrift Die gnade ubir die ledigunge der judenschult.

Überlieferung:

Frankfurt, ISG, Kopialbuch 7, Nr. 274, fol. 136v-137r, Abschr. (gleichz.), dt., Papier; ebd., Juden Urkunden 65 (Abschr., gleichz.); ebd., Reichssachen Urkunden, Nr. 96 (Abschr., 15. Jh.); Karlsruhe, GLA, Best. 67, Nr. 288, fol. 262r-263v (Abschr., 15. Jh.); Speyer, LA, Best. F 1, Nr. 62, S. 1151-1153 (Abschr.); Bamberg, StA, Brandenburg-Bayreuth, Urkunden, Nr. 850 (Ausf.); zur weiteren Überlieferung siehe die Angaben in den bisherigen Regesten- und Editionsarbeiten.

  • Deutsche Reichstagsakten (1376–1486) 2, Nr. 182, S. 322 (als Anm. zur Edition der Urkunde für Schwaben ebd., Nr. 174, S. 312-314);
  • Orth, Ausführliche Abhandlung von dem berümten zwoen Reichsmessen (1765), Nr. 51, S. 620-622.
  • [RIplus] Wenzel [Nr. 2039] (http://www.regesta-imperii.de/id/f83ce0ea-b0b4-4fd7-abe2-70b2fd7ff3c4) [Zugriffsdatum: 15.12.2015].
  • Urkundenregesten zur Tätigkeit des deutschen Königsgerichts 12, Nr. 252, S. 208 f. (mit teils irriger Wiedergabe der Bestimmungen);
  • UB zur Geschichte der Juden in Frankfurt, Nr. 372, S. 146 f.;
  • Inventare des Frankfurter Stadtarchivs 2, S. 8.

(dsc.) / Letzte Bearbeitung: 07.05.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, FW02, Nr. 2357, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/FW02/FW-c1-01w8.html (Datum des Zugriffs)

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