Quellen zur Geschichte der Juden in Frankfurt und der Wetterau (1348-1390)

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Reichsstadt Frankfurt und Wetterau 2, Nr. 247

1359 Juni 14, [Frankfurt a. M.]

Eintrag im Frankfurter Insatzbuch 2:

Heinrich von Münzenberg und seine Ehefrau Demut haben die Besserung zweier Gaden, gelegen unter den Neuen Gaden [zu Frankfurt], für 25,5 Pfund Heller an Besselin von Rosheim und Rufelin Jude, Bürger zu Straßburg, verpfändet. Das geliehene Geld soll am Michaelstag zurückgezahlt werden, widrigenfalls sind Besselin und Rufelin oder ihre Erben dazu berechtigt, die Pfänder anzugreifen und damit nach Stadtrecht zu verfahren. Geschehen vor Johann im Saal, Bürgermeister: Heinrich von Mintzenberg und Demud, syne eliche wirten, hant mitsamendir hant virsast Betzelin von Rosheim und Ruͦfelin juͦde, burgere zu Strazpurg, ire bezseruͦnge der zweier gaden, gelegin undir den nuͦwen gadin, fur XXXVj libris. Daz gelt sullen Heinrich und Demut adir ire erbin gebin und bezalin Betzelyne und Ruͦfelyne ader iren erbin uff sant Michael dag, nuͦ neist komet (2). Entedin sie des nicht, so mogen die vorgnant Betzelin und Ruͦfelin oder ire erbin die besseruͦnge der zweier gaden angriffen und da midde gebaren, alz der stede gesetze stet. Geschehin vor Johannem in dem Sale, burgermeister, anno domini (3) millesimo CCCLIX, feria sexta post Penthecosten. (4)

(1) In der Edition im UB zur Geschichte der Juden in Frankfurt, Nr. 169, S. 67 f., irrig '35,5 Pfund Heller', doch im dortigen Kopfregest richtig mit '25,5 Pfund Heller'

(2) 1359 September 29. Im Kopfregest der Edition ebd., Nr. 169, S. 67 f., irrig: 'St. Martinstag', doch im dortigen Volltext richtig: uff sant Michael dag.

(3) In der Edition ebd., Nr. 169, S. 67 f., fehlt: domini.

(4) Der Eintrag ist durchgestrichen.

Überlieferung:

Frankfurt, ISG, Insatzbuch 2, fol. 54v, Orig., dt., Papier.

  • UB zur Geschichte der Juden in Frankfurt, Nr. 169, S. 67 f.
  • Mentgen, Studien (1995), S. 54, Anm. 207, und S. 139, Anm. 105;
  • GJ 3, 2, S. 1250, Anm. 7, und S. 1424, Anm. 15;
  • GJ 2, 2, S. 704.

Kommentar:

Im Kopfregest der Edition im UB zur Geschichte der Juden in Frankfurt, Nr. 169, S. 67 f., werden die Gläubiger als 'Jüdin Besselin von Rosheim' bzw. 'Jude(n) Rufelin, Bürgern in Strassburg', bezeichnet. Doch ist Mentgen, Studien (1995), S. 54, Anm. 207, wohl zuzustimmen, der unter Verweis auf GJ 3, 2, S. 1250, Anm. 7 bezweifelt, dass es sich bei den beiden genannten Personen um Juden handelte. Dass es sich allerdings, so Mentgen, Studien (1995), S. 54, Anm. 207, bereits 'dem Inhalt der Urkunde nach um Christen gehandelt haben muß', ist irrig. Vielmehr stellt die Vorlage, die keine Urkunde sondern ein gleichzeitiger Amtsbucheintrag ist, ein recht unspektakuläres Geldleihgeschäft dar, bei dem die Schuldner ihren Gläubigern immobile Pfänder stellten. Diese Praxis ist in Frankfurt allein zwischen 1360 und 1419 annähernd 150 Mal unter Beteiligung jüdischer Gläubiger bezeugt. Nach Beider, Dictionary (2001), S. 407 f., kann es sich bei 'Rufelin' um eine Variante des biblischen namens 'Ruvn' handeln, der im Spätmittelalter häufiger auch als 'Rubin/Robin' belegt, jedoch eher in Italien und Südfrankreich verbreitet gewesen sei. Nach Auskunft der Protokolle des Frankfurter Schöffengerichts hielt sich Rufelin regelmäßig im Umfeld der beiden Messen in der Reichsstadt auf; vgl. hierzu die zwischen 1361 und 1372 datierenden Nachweise bei Schnur, Juden in Frankfurt (2017), S. 339 f., Anm. 44. Schließlich ist noch auf einen Rufelin hinzuweisen, der im Jahr 1348 gemeinsam mit der Jüdin Sarah (Sara et Rufelin judee) als Gläubiger im Frankfurter Quellenmaterial in Erscheinung tritt (ebd.). In diesem Zusammenhang sei auf ein weiteres Geldleihgeschäft hingewiesen, bei dem ein Ruduͦlffe Juͦden burgere zuͦ Straspurg genannt wird; hierzu Frankfurt, ISG, Insatzbuch 2, fol. 100r: Thile Heiliggeist und sein Bruder Henne verpfänden die Besserung und ihre Rechte an den beiden von ihrer verstorbenen Mutter geerbten Häuser 'Zum alten Heiliggeist' und 'Zum jungen Heiliggeist', gelegen [zu Frankfurt] in der Schnurgasse (Snargazsen), für 120 Pfund Heller an Rudolf Jude, Bürger zu Straßburg. Die Schuldner sagen die Rückzahlung des Kredits in zwei Raten zu jeweils 60 Pfund Heller auf den beiden nächsten Frankfurter Messen zu, widrigenfalls sind Rudolf oder seine Erben dazu berechtigt, die Pfänder anzugreifen und damit nach städtischem Recht und Gewohnheit zu verfahren. Geschehen vor dem Bürgermeister Johann von Holzhausen. Anno domini MᵒCCCᵒLX nono, feria tertia proxima post Inventationen sancte Crucis (1369 V 8). In einem zugehörigen Regest im UB zur Geschichte der Juden in Frankfurt, Nr. 210, S. 89, wird der im vorgenannten Geldgeschäft als Gläubiger genannte Rudolf als 'Judenbürger Rudolf zu Strassburg' bezeichnet, gleichwohl es sich bei ihm wohl ebenfalls um einen Christen gehandelt haben dürfte.

(dsc.) / Letzte Bearbeitung: 20.02.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, FW02, Nr. 247, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/FW02/FW-c1-011t.html (Datum des Zugriffs)

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