Quellen zur Geschichte der Juden in Frankfurt und der Wetterau (1348-1390)

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Reichsstadt Frankfurt und Wetterau 2, Nr. 123

1349 Juni 30

Meister und Rat der Stadt Schlettstadt schreiben an Schultheiß, Meister [!] und Rat der Stadt Frankfurt in Betreff des Giftes, mit dem die Juden umgingen, um damit die Christenheit zu verderben. Zunächst habe ein Bote, den Schlettstadt zu verschiedenen Herren und Städten gesandt hatte, berichtet, dass die Gerüchte wahr seien und die Juden zugegeben hätten, mit Gift umherzuziehen. Das Gift sei schließlich auch in Brunnen und anderen Gewässern aufgefunden worden. Ein hieraufhin zu Schlettstadt festgesetzter Jude bestätigte nach ergangener Folter ebenfalls, mit Gift umhergezogen zu sein, und führte die Mitglieder des Rates zu einem Brunnen, wo ein Glas mit Gift aufgefunden werden konnte. Im Gefängnis nahm sich der Juden hieraufhin das Leben. Ein anderer Jude, einer der besten und vermögendsten der Schlettstädter Gemeinde, habe sich taufen lassen, um anschließend ohne Zwang auszusagen, dass die Juden die Christenheit mit Gift verderben wollten. Weiter berichtet Schlettstadt, dass man auch einen christlichen Knecht namens Peter Birrin aufgegriffen habe, der aussagte, dass er 14 Christen kenne, die mit Gift umherzögen, welches sie von Juden erhalten hätten. Dieser Knecht wurde verbrannt und auch zu Eschau wurden zwei Personen unter den Augen der Boten aus Straßburg und Schlettstadt verbrannt, da auch sie beschuldigt wurden, mit dem Gift der Juden umhergezogen zu sein. In Rappoltsweiler wurde ebenfalls ein Mann mitsamt Frau und Sohn gefangen genommen, der seine Frau und seinen Sohn beschuldigte, von den Vergiftungsaktionen zu wissen. Darüber hinaus beschuldigte derselben noch einen gewissen Heinz von Nürnberg und einen Götzbecker genannten Mann, der Lebkuchen herstelle, an den Vergiftungen beteiligt zu sein. Weiter sagte dieser Mann auch aus, dass zu Mainz ein reicher Jude namens Mose wohne, der alle mit seinem Gift versorge. Dies sei alles, was man in dieser Angelegenheit wisse und das man für wahr erachte. Die Aussteller kündigen Ihr Rücksiegel an.

Den wisen bescheidenen, dem schultheisz, dem meister und dem rate von Frankenfurt, embieten wir der meister und der rat von Sletzstat unsern dienst, ze allen ziten bereit. Wissent, waz hie nach stat geschriben von der vergifte wegen, da mitte die juden umbegiengent, die wile su lebtent, und auch cristanlute siderhar von iren wegen hant getan, wie su die cristenheit verderbtent, daz wir daz alles vur warheit wissent und vernomen hant, daz sprechen wir bi unserm eyde ane geverde. Von erst, so hant uns unser botten geseit, die wir underwilent zu den herren und zuͦ den stetten hatten gesant, daz ettelich herren und stette vur warheit seiten, daz su ettelich juden, die belumet warent zuͦ rede stiessent, die veriahent, das su mit der vergifte umb giengent und bewisetent su ouch, daz su die gift fundent in burnen und in andern wassern. So viengent wir ein juden in unsrer stat, do wir den kestigtent, da verach er, daz er ouch mit der vergifte umb giene und bewisete uns uber einen burnen, der stet in eins bidermannes hof, der unsers rates ist, und nach siner sage wart die gift in dem selben burnen funden in eim glase, und in der naht wart do erwurgte sich der jude selber in der gevangnisse. Ouch het sich ein jude bi uns getosset, der der besten und der richesten einer waz in unsrer stat, der seite dar nach do er getouffet war umbetwungenlich, daz es es sicherlich war were, daz die judescheit die cristenheit gerne mit der vergifte verdarbtent und seite, daz juden werent gangen in eins hof unsers rates und woltent ouch einen burnen da inne han vergiftet. Da wurdent die juden abegetzogen, wand der des der hof ist sinem gesinde gebotten hatte, waz juden su in sinen hof funden, das su die uszugent und enweg tribent, daz hant wir von dem vernommen, des der hof ist, daz das ouch war ist. Wir vingent ouch ein cristanknecht, hies Peter Birrin, der veriach, daz er viertzehen wuste, die mit der gift umbe giengent, die welt da mitte ze verderbende, die ouch dristan werent, und daz die juden in dem lande do niben an inen die gift geben und inen ouch guͦt dar umb gebent, daz su die cristanheit da mitte solten verderben. Den selben knecht hant wir verbrant. Zuͦ Eschoͧwe wirdent zwene verbrant, do hatten die von Strazburg und wir unser botten bi, die veriahent ouch, daz sie von der juden wegen mit der gift umbe giengent. Zuͦ Rapoltzwilr wart ein wildewurtzener gefanen, sin wip und sin sun mit ime, der seite, daz ir vil in dem lande werent, die mit der gift umbe giengent, und gab sinen sun ouch schuldig dar an und sin wip, daz su ouch wol da mitte wiste. Ouch ruͦgte er mit namen einen heisset Heintze von Nuͤrenberg und einen heisset Gotzbecke, machet lebekuͦchen mit vier antlitzen, daz die ouch schuldig an der getete siend. Er seite ouch, daz ein jude ze Mentze gesessen, heisset Moyses und ist ein grosser richer jude, der richtet su alle usz mit der vergifte, und git inen ouch und daz guͦt, dar umb daz su ez tuͦgent. Dies alles verschriben wir uͦch under unrer stette heimelichen ingesigel, daz wir sin ze eim urkunde ze rucke uf disen brief hant getrucket. Datum feria tertia post festum beatorum Petri et Pauli apostolorum, anno domini MᵒCCCᵒXL nono. (1)

(1) Auf der Rückseite sind Reste des angekündigten grünen Siegels zu erkennen, so dass es sich um eine Ausfertigung und nicht um eine gleichzeitige Abschrift handelt. Allerdings scheint dieser Brief seine Empfänger in Frankfurt nicht erreicht zu haben, da er ansonsten sicher nicht im Straßburger Archiv überliefert wäre, sondern sich vielmehr in Frankfurt befinden müsste. Frau Kristin Zech (TU Darmstadt) danke ich herzlich für Ihre Hilfe bei der Recherche nach der Archivalie.

Überlieferung:

Strasbourg, AVES, III 174/3, Nr. 22, Orig., dt., Papier.

  • UB der Stadt Straßburg 5, Nr. 208, S. 195 f. (gleichlautendes Schreiben an Mainz);
  • Alteste teutsche [...] Chronicke, S. 1026 f.;
  • Dorlan, Notices Historiques 2 (1843), S. 42-44, Anm. 1.
  • Mentgen, Studien (1995), S. 381;
  • Schrohe, Mainz (1915), S. 127 f.

(dsc.) / Letzte Bearbeitung: 20.02.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, FW02, Nr. 123, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/FW02/FW-c1-002y.html (Datum des Zugriffs)

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