Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

Zurück zur Übersicht

657 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 522.

Bm. Würzburg 1, Nr. 524

[1336 Juli 29 - Mitte 1337]

In der 1338 fertiggestellten zweiten Fassung seines in 1746 gereimten leonischen Hexametern entstandenen 'Klagelieds der Kirche über Deutschland' geht Konrad von Megenberg auch auf die Armlederpogrome in Franken und am Mittelrhein ein: Er warnt den Papst und die Geistlichen vor Überheblichkeit, da wohl schon bald ihr Reichtum der Armut weichen werde. Denn die Laien trachteten danach, die Geistlichen zugleich mit den Juden zugrunde zu richten, da die Juden durch ihre Wucherzinsen und die Priester durch die Zurückdrängung der Rechte von Laien das Hab und Gut der Bevölkerung vernichteten (Quod male prespiteri simul et perdantur Hebrei; nam bona prespiteri sua devastent et Hebrei. Hii nimis usura, primi perimant sua iura, …). Während die Priester nur um die Wahrung ihrer eigenen Rechte bemüht seien und Wagen voller Schätze in ihre geschlossenen Bereiche karrten, lebten die Laien im Elend (… prespiterique regant sua, sed layci male degant, ducant in claustra rerum plaustrissima plaustra). In Deutschland bahne sich Verderben an, das die Bauern nähre, und es eile einer der Bauern ungestraft als Anführer, woraufhin Konrad seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, dass das tobende Volk nicht die Seinen in den Wassern ertränke, sondern die Juden (… et volat impunus quorum dux rusticus unus. Non tamen, opto, meos in aquis mergunt sed Hebreos bombantes turbe; …). Konrad behauptet, die Juden herrschten in jeder Stadt, was sie gerade durch [Ertränken in] Main und Zahlbach (1) zu spüren bekämen, insbesondere in Frankfurt (… regnant in qualibet urbe, Mogunus atque Cya discunt, lacrimantur Hebrea. In Frankenfurda fuit, hoc scio, maxima burda). Obwohl Ludwig dort eher als Bittsteller auftrete, rufe er rechtschaffen und fromm die Bürger zusammen, die sich um ihn scharten. Diese schwörten, die Kleriker und Juden gewissenhaft verteidigen zu wollen (… Iurant, quod cleros pie defendant et Hebreos). Daraufhin seien die Seuchen (2) ins Stocken geraten, und die Bauern seien zu Hause geblieben. Wenn Ludwig jedoch wollte, würde das Volk der Geistlichkeit zumindest ihren Besitz entreißen [Vers 601-624].

Bereits in den Versen 250-253 wird auf diese Situation Bezug genommen: Dort heißt es, dass die als meretrix bezeichnete, sich verkaufende und hochmütige Kirche in Main und Zahlbach ertränkt werde, da sie eine Hebräerin sei. Für sie gebe es kein Erbarmen, weil die Hebräer ohne Unterschied im Rhein ertränkt würden, wenn sie sich nicht mit einem gefüllten Horn von den Bürgern oder von Ludwig freikaufen könnten (Mogonus atque Cya mergent hanc, cum sit Hebrea! Non miserentur ei, quia submerguntur Hebrei quilibet in Reno, ni cornu reddere pleno se possint, dico, burgensibus aut Ludowico).

(1) Der Zahlbach fließt in Mainz in den Rhein.

(2) Dies bezieht sich auf die Pogrome.

Überlieferung:

Paris, BNF, Ms. lat. 3197 A, fol. 5v und 10r/v, Orig. (?), lat., Papier; Paris, BNF, Ms. lat. 3198 (Abschr., 17. Jh.).

  • Planctus ecclesiae in Germaniam, S. 31 und 46 f.;
  • Unbekannte kirchenpolitische Streitschriften, S. 199 und 210 f.;
  • Konrad von Megenberg. Klagelied (lat./dt.), S. 28 f. und 56 f.
  • Arnold, Arnold (2004), S. 5 f.;
  • Arnold, Armledererhebung (1974), S. 35;
  • Hoyer, Armledererhebung (1965), S. 78;
  • Grauert, Chronik (1901), S. 640, 645 f. und 682-684.

Kommentar:

Konrad von Megenberg stammte aus Mäbenberg in der Nähe von Nürnberg. Der 1309 geborene Sohn eines Ministerialen begann seine Schulausbildung in Erfurt und studierte in Paris, wo er von 1334 bis 1342 auch Lehraufgaben an der Universität wahrnahm. In dieser Zeit hielt er sich zweimal an der Kurie in Avignon auf. Von 1342 bis 1348 fungierte Konrad als Rektor zu St. Stephan in Wien, ehe er nach einer weiteren Reise nach Avignon 1350 Domherr und Scholaster in Regensburg wurde. 1374 verstarb Konrad. Unter seinen zahlreichen Schriften geben der Planctus ecclesiae in Germaniam, der Tractatus de mortalitate in Alemannia und das Buch der Natur Einblicke in Konrads Verhältnis zu den Juden. Während die beiden Letztgenannten sich ausschließlich mit den Ereignissen im Umfeld der Pest beschäftigen, geht Konrad im Planctus auf die Armlederverfolgungen ein. Die erste Fassung des Werks, die er Johannes de Piscibus, Probator für Stellenbewerbungen an der Kurie, am 1. Januar 1338 überreichte, ist verloren. Die vorliegende zweite Fassung widmete Konrad im Herbst 1338 dem päpstlichen Legaten Arnold von Verdala. Zu Leben und Werk Konrads vgl. Weber, Konrad (1986); Steer, Konrad (1985) (jeweils mit weiterführender Literatur); speziell zum Werk Konrads vgl. Chrobak, Schriften (2009).

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 524, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/WB-c1-00cj.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht