Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 148

1298 [nach Juli 23]

Der dem Dominkanerorden angehörende Autor der Historiae memorabiles schreibt: Weil er überall in Franken und besonders in der Stadt Würzburg für das Judenmorden verantwortlich zeichnete, hat der Metzger Rintfleisch getreulich gehandelt und sich löblich empfohlen (Carnifex Rindflaisch, quia in hac causa fideliter egit, fuit laudabiliter commendatus, quod de occisione Judeorum se ubique in territorio Franconie intromisisset, presertim in civitate Herbipoli). Von Gründonnerstag bis zum Fest der Kreuzerhöhung (1) sollen er selbst und die Seinen mehr als 30.000 Juden getötet haben. Darüber hinaus soll man in Würzburg den Anführern 1120 Pfund Pfennige gegeben haben, damit die Leichen der Juden aus der Stadt geschafft und anschließend von ihren Peinigern verbrannt wurden. Als die Juden in Würzburg sahen, dass sie den Händen der Christen nicht entkommen konnten, töteten sie ihre Frauen, Brüder, Schwestern, Verwandten und vor allem ihre Kinder, ehe sie ihre Habe und sich selbst ins Feuer stürzten. Ein Jude floh in den Wald und versteckte sich dort viele Tage. Aber Knechte (servi) fanden ihn und führten ihn vor ihre Großen (maiores). Auf die Frage, was er denn Böses getan habe, antworteten sie, dass der Jude und seine Glaubensgenossen den wahren Gott und Jesus Christus zum zweiten Mal kreuzigten, beschimpften und attackierten. Darauf entgegnete der Jude, dass sie, wenn sie die Juden aus diesem Grund töteten, keinen in der Region (provincia) leben lassen dürften, da es dort seit vierzig Jahren und mehr keinen Juden gegeben habe, der nicht durch Bestechung in den Besitz geweihter Hostien gelangt sei und diese misshandelt habe. Dann übergaben sie auch ihn dem Feuer.

(1) Das wäre der Zeitraum vom 3. April bis zum 14. September. Die Verfolgungen begannen jedoch am 20. April in Röttingen und endeten im Wesentlichen um den 1. August. Die Nennung der beiden Feste in der Quelle ist mit deren Herausgeber als 'sprechende Angabe' zu verstehen.

Überlieferung:

Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Ms. 704, fol. 205r, Abschr. (Mitte 16. Jh.), lat., Papier; Sigmaringen, Fürstlich Hohenzollernsche Hofbibliothek, Cod. 64, fol. 189r/v (Abschr., Mitte 16. Jh.).

  • Rudolf von Schlettstadt, Historiae memorabiles, Nr. 13, S. 60 f.
  • Lotter, Judenbild (1993), S. 443;
  • Lotter, Judenverfolgung (1988), S. 408 f.

Kommentar:

Zu den Rudolf von Schlettstadt zugeschriebenen Historiae memorabiles aus dem Umfeld des Colmarer Dominkanerchronisten vgl. EL01, Nr. 31.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 148, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/CP1-c1-00uz.html (Datum des Zugriffs)

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