Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 150

[1298 Juli 25]

Der dem Dominikanerorden angehörende Autor der Historiae memoabiles schreibt: Bei Möckmühl (prope Mechelin Mulin) wurden auf einer von Armen und Dirnen (pauperes et meretrices) bewohnten Insel von einigen Menschen Lichtzeichen wahrgenommen, die diese beunruhigten. Als die Stadtoberen (maiores opidi) dessen gewahr wurden, entsandten sie einige von ihnen, um vor Ort Nachforschungen anzustellen. Es entstand nämlich der Verdacht, dass die Juden, die nicht weit entfernt von dem Ort lebten, ein Verbrechen verübt hätten, das Gott aufdecken wollte. Als die offiziell zur Untersuchung Entsandten am nächsten Tag auf der Insel ankamen und sorgfältig suchten, entdeckten sie an zahlreichen Orten ausgehobene und anschließend wieder zugeschüttete Gräben. Sie öffneten diese und fanden in manchen von Juden versteckte Hostien. Deshalb erhoben sie sie mit Angst und brachten sie mit Ehrfurcht zur Kirche.

Überlieferung:

Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Ms. 704, fol. 199r, Abschr. (Mitte 16. Jh.), lat., Papier; Sigmaringen, Fürstlich Hohenzollernsche Hofbibliothek, Cod. 64, fol. 180v (Abschr., Mitte 16. Jh.).

  • Rudolf von Schlettstadt, Historiae memorabiles, Nr. 2, S. 43 f.
  • Rubin, Tales (1999), S. 52 f.;
  • Lotter, Judenbild (1993), S. 439;
  • Lotter, Judenverfolgung (1988), S. 398.

Kommentar:

Zu den Rudolf von Schlettstadt zugeschriebenen Historiae memorabiles aus dem Umfeld des Colmarer Dominikanerchronisten vgl. EL01, Nr. 31. Die Ereignisse zu Möckmühl sind nicht datiert, dürften aber ebenso wie die datierbaren 'Exempel' innerhalb des inhaltlich eine Einheit bildenden Blocks von 16 Geschichten den 'Rintfleischverfolgungen' zuzuweisen sein. Eine Konsequenz für die in der Nähe der Armen und Dirnen lebenden und der Hostienschändung beschuldigten Juden ist nicht überliefert. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass der Autor unmittelbar im Anschluss an die vorliegende Geschichte über einen weiteren angeblichen Hostienfrevel in Möckmühl berichtete, als dessen Konsequenz angeblich 76 Juden durch die Hand Rintfleischs ermordet worden sein sollen (vgl. WB01, Nr. 149). Nach dem Nürnberger Memorbuch fand der Pogrom in Möckmühl am 25. Juli 1298 statt und forderte 33 Opfer (NM01, Nr. 56).

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 150, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/CP1-c1-00ty.html (Datum des Zugriffs)

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