Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 144

1298 [Juli]

Der dem Domikanerorden angehörende Autor der Historiae memorabiles schreibt: Als der Metzger Rintfleisch in ganz Franken seine Aufgabe gegenüber den Juden auf Befehl und im Einverständnis mit den Großen ausführte (Cum carnifex Rindflaisch in tota Franconia officium suum jussu et consensu superiorum contra Judeoes exerceret …) und diese ohne Erbarmen verfolgte, entsandten die Juden Boten mit der Bitte um Hilfe an König Albrecht. Dieser schickte den Herrn von Rinsperg (1) zum Schutz der Juden. Der begab sich nach Würzburg, um mit seinen Verwandten und anderen Herren der Gegend zu beraten (cum consanguineis suis et aliis dominis terre), wie die Juden gemäß dem Wunsch des Königs geschützt werden könnten. Als der Herr von Rinsperg nach seiner Ankunft in Würzburg im Begriff war, in den dritten Stock eines Hauses hinaufzusteigen, fiel er plötzlich hinunter und verletzte sich so schwer, dass er von vielen schon für tot gehalten wurde. Die Umstehenden meinten, dass man einen Beichtvater herbeirufen müsse. Da kam plötzlich Bruder Albert vom Predigerorden (2), ein gelehrter Mann, der dem Würzburger Ordenskonvent fast zwanzig Jahre lang angehörte, und fragte den Verletzten, wie es ihm gehe. Als dieser entgegnete, dass er wohl bald sterben müsse, erwiderte der Beichtvater, dass er geheilt werde, sobald er von Gott Reinigung erbeten habe. Als er diesen Befehl ausgeführt hatte, fühlte er sogleich die Gesundung seiner Glieder. Daraufhin begab er sich mit dem Beichtvater an einen geheimen Ort und bekannte ihm unterwürfig seine Sünden. Er beichtete, dass er ein Mandat von König Albrecht erhalten habe, das mit Jesus Christus und dem christlichen Glauben nicht zu vereinbaren sei. Er solle nämlich entgegen seiner eigenen Überzeugung die Juden schützen. Daraufhin belehrt ihn der Beichtvater, dass seine Verletzung eine Strafe Gottes sei, von der er sich sofort lossagen und darüber hinaus versprechen solle, Gott in Zukunft treu zu dienen. Der tat, wie ihm geheißen, erhielt die Absolution vom Beichtvater und war sogleich genesen.

(1) Es ist nicht klar, um welchen Ort es sich gehandelt hat. Zwar gab es mehrere Orte namens Reinsberg, wobei auch eine Deutung als Regensburg nicht gänzlich auszuschließen ist, doch ist es wahrscheinlicher, dass Ranneberg (Ranneberc) gemeint ist, ein Beiname, den Arnolds mutmaßlicher Onkel Eberhard von Uissigheim mehrfach in Urkunden führte und der auch auf dessen noch in der Uissigheimer Pfarrkirche erhaltenem Grabstein mit dem Todesdatum 1331 Dezember 31 überliefert ist; vgl. WB01, Nr. 532.

(2) Bruder Albert konnte bislang noch nicht identifiziert werden. Offenbar stand er in Beziehung zum Autor der Historiae memorabiles, da er angeblich die Abfassung der Schrift ausdrücklich begrüßt habe (… qui factum istud scripture commendavit, …).

Überlieferung:

Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Ms. 704, fol. 205r/v, Abschr. (Mitte 16. Jh.), lat., Papier; Sigmaringen, Fürstlich Hohenzollernsche Hofbibliothek, Cod. 64, fol. 189v-190r (Abschr., Mitte 16. Jh.).

  • Rudolf von Schlettstadt, Historiae memorabiles, Nr. 14, S. 61 f.
  • Grabmayer, Diesseits (1999), S. 265;
  • Grabmayer, Rudolf (1994), S. 325;
  • Lotter, Judenbild (1993), S. 442 f.;
  • Lotter, Judenverfolgung (1988), S. 404 und 406.

Kommentar:

Zu den Rudolf von Schlettstadt zugeschriebenen Historiae memorabiles aus dem Umfeld des Colmarer Dominikanerkonvents vgl. EL01, Nr. 31. Die hier beschriebenen Ereignisse sind zeitlich zwischen dem Sieg des eine Woche zuvor zum König gewählten Albrecht von Habsburg in der Schlacht bei Göllheim über den amtierenden König Adolf von Nassau am 2. Juli 1298 und dem Ausbruch des Pogroms in Würzburg am 23. Juli 1298 einzuordnen.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 144, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/CP1-c1-00nc.html (Datum des Zugriffs)

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