Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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Thüringen/Sachsen 1, Nr. 216

1335, Heiligenstadt

So man czelit noch Xpi gebort millesimo CCC in deme XXXV iare (1)

Der Rat der Stadt Heiligenstadt einigt sich im Jahr 1335 mit Kaufleuten, Meistern, allgemeinem Rat, Handwerkerrat, den Ältesten und den Weisen über die Willkür, die sie mit Erlaubnis des Stadtherrn haben (die wir haben von unsirs herren gnaden). (2)

Artikel 53: Kein Rat soll einem Juden einen Brief ausstellen, in welchem übermäßiger oder geringer Schoß verlangt wird (sal kein rat vortmer briffe geben keyme joden, daz he nicht en jage, noch eyn bescheiden gelt geben vor syn schoß). Denn jeder Jude soll nach dem Recht schoßen und soll für die Mark doppelt so viel geben wie ein Christ (sal noch eynis also vil geben von der marg als eyn cristen).

Artikel 54: Kein Jude, der in Heiligenstadt wohnt (keyn jode, der hir wonet), soll von den Bürgern einen höheren Zins nehmen als vier Pfennige für die Mark oder zwei Pfund und nicht mehr als zwei Heller für die Vierdung und nicht mehr als einen Scherf vom Lot. Darauf steht eine Strafe von einer Mark.

Artikel 55: Kein Christ oder Jude darf von Bürgern und Mitwohnern Waffen als Pfand nehmen (keyn cristin addir jode sal keyn wapengescherre czu phande nemen). Darauf steht eine Strafe von einem Pfund.

Unter den Artikeln zu Fleischern und Fleischverkauf findet sich Artikel 108: Von Juden geschnittenes Fleisch soll außerhalb (3) der Hallen verkauft werden (Waz ouch eyn iode sniit, daz sal men puͤßen (3) den hallen vorkouffen). Ein Schlachter erhält für das Zubereiten eines Schweins zwei Göttinger Pfennige und eine Wurst, für ein geräuchertes Schwein drei Pfennige und zwei Würste. Wer mehr gibt oder nimmt, muss der Stadt fünf Pfennige Strafe zahlen.

In einem nachfolgenden Register werden die Artikel 53-55 genannt (LIII. Von briffen czu gebinde den joden, umme fry sitzen. LIII. Von suche der joden. LV. Wer wapingescherre czu phande neme). (4) Der Registereintrag zu Artikel 108 bezieht sich nur auf die Bezahlung des Schlachters.

(1) Datierung und Einleitung befinden sich auf fol. 1r.

(2) Die Stadt unterstand dem Erzbischof von Mainz.

(3) Die Deutung des Worts puͤßen unsicher. Möglich wäre auch, dass hier ein Abschreibefehler vorliegt.

(4) Auf fol. 23v.

Überlieferung:

Heilbad Heiligenstadt, StadtA, Magistrat I, 1, 7r, 13r und 23v, Abschr. (evtl. 1398), dt., Perg.

  • Willkür der Stadt Heiligenstadt, S. 45, 69 und 113;
  • Wolf, Geschichte Heiligenstadt (1800), Urkunden, Nr. 3, S. 13 und 20 f.
  • Lämmerhirt, Anfänge (2015), S. 84.

Kommentar:

Die Willkür umfasste ursprünglich wohl nur 151 Artikel, welche auch im Register aufgeführt sind. Vermutlich wurden anschließend weitere 16 Artikel hinzugefügt, bevor der Text möglicherweise 1398 als Ganzes niedergeschrieben wurde; vgl. Müller, Bemerkungen (2000), S. 112 und 126. Im Anschluss an den Text der Willkür finden sich mehrere Nachträge aus dem 15. Jahrhundert, darunter ein Judeneid; vgl. Willkür der Stadt Heiligenstadt, S. 10 und 130; Müller, Bemerkungen (2000), S. 112 (###TW-c1-004h###).

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 216, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/TW-c1-0031.html (Datum des Zugriffs)

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