Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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Thüringen/Sachsen 1, Nr. 266

[1345-1346], Erfurt

In der fragmentarisch überlieferten Rechnung von 1345/1346 mit verschiedenen Einnahme- und Ausgabeposten finden sich auch einige Abgaben zu Juden:

Die gesamte Judenschaft zahlt eine Abgabe für den jährlichen Vertrag in Höhe von 400 Mark, eine Steuer in Höhe von 250 Mark, eine Abgabe de moneta in Höhe von 40 Mark und Zinsen in Höhe von 50 Pfund Pfennig von der Auslösung von 200 Mark. Die Jüdin Jutta Koplin zahlt für den jährlichen Vertrag 50 Mark, eine Abgabe de moneta in Höhe von 20 Mark sowie von der stupa, die sie von Heinrich Strutwolf gekauft hat, eine Abgabe in Höhe von 200 Mark. Süßman und Bibergal zahlen von einem Grundstück, das sie gekauft haben, 20 Mark.

Unter den Ausgaben wird noch einmal der Verkauf der stupa durch Heinrich Strutwolf erwähnt.

fol. 1r.:

Item a […] (1) iudeis pro annuo pacto per[ceperunt] CCCC marcas.

Item ab eisdem iudeis pro eo, quod hoc anno de exaccione plus quam IIIIᵒʳ denarii de marca sunt recepti, CC et L marcas perceperunt.

Item ab eisdem iudeis de moneta XL marcas perceperunt.

Insuper a dictis iudeis perceperunt L talenta denariorum [XX marce] (2) nomine census, quem solvere tenentur communitati, quo

usque CC marcas tradant et persolvant.

A Jutta Kopphelini de annuo pacto L marcas perceperunt.

Item ab eadem Iutta de moneta perceperunt XX marcas.

De stupa, que fuit olim H[eynrici] (3) dicti Strutwolf, eidem Iutte vendita CC marcas perceperunt.

A Susmanno et Bibercale iudeis pro quadam area ipsis vendita perceperunt XX marcas.

fol. 2r.:

De […] (4) Heinricus Strutwolf ulterius Iutte Kopphelini vendidit. (5)

(1) Zwischen a und iudeisist offenbar ein weiterer, stark verblasster Buchstabe. Das Pergament ist an dieser Stelle gerissen.

(2) Das Wort marce ist von gleicher Hand über der Zeile geschrieben.

(3) Der Name ergibt sich aus der zweiten Erwähnung auf fol. 2r. sowie aus zwei Erwähnungen als Ratsmitglied 1311 und 1329; Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 99; vgl. UB Erfurt 1, Nr. 565, S. 396-399, hier: S. 398; UB Erfurt 2, Nr. 80, S. 59-66, hier: S. 60. Angesichts der langen Zeitspanne erscheint es allerdings unsicher, ob der 1311 erwähnte Heinrich Strutwolf mit demjenigen in der auf 1345/46 datierten Rechnung identisch sein kann.

(4) Durch Verschmutzung und einen Riss stark beschädigt. Benl Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 93, schlägt die Lesung De [stupa quam olim] vor.

(5) Es fehlt die aus diesem Anlass entrichtete Geldsumme. Sie stand möglicherweise in der folgenden Zeile, die aber aufgrund eines Risses und starker Verschmutzung nicht lesbar ist; vgl. Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 93.

Überlieferung:

Erfurt, StadtA, 5/208-3, fol. 1r und 2r,, Orig., lat., Perg.

  • Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 88 f. und 93, vgl. 67 und 101 (Abb.).
  • Lämmerhirt, Anfänge (2015), S. 86 f. und Anm. 146;
  • Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 77 und 79 f.

Kommentar:

Außer einer im 16. Jahrhundert erstellten Abschrift von Baurechnungen (vgl. TW01, Nr. 220) ist von den Erfurter Kämmereirechnungen des Mittelalters nur dieses Doppelblatt überliefert, welches als Bucheinband zweitverwendet worden war. Die Seitenzahlen beziehen sich nicht auf die ursprüngliche Anordnung, sondern wurden vergeben, nachdem das Blatt um 1900 abgelöst worden war. Durch die Zweitverwendung ist das Blatt stark verschmutzt und nur schwer lesbar; Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 65 f. und 68. Eine Datierung findet sich auf den Seiten nicht. Die Entstehungszeit lässt sich aber vor allem durch die Erwähnung von Ereignissen während der 1346 beendeten Thüringer Grafenfehde auf die Jahre 1345 und 1346 eingrenzen; vgl. Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 70-74.

Bezüglich der stupa vermutet Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 79, dass es sich um eine Badestube handelt, die Jutta vielleicht zur Nutzung durch die gesamte Judenschaft erwarb. Nicht genau deuten lässt sich die Abgabe de moneta. Ebenso unklar bleibt die Bedeutung der unterschiedlichen Abgaben der Juden. Unter ihnen findet sich nicht die an den Erzbischof als Schutzherrn gehende Jahressteuer von 100 Mark wieder, die spätestens nach 1349 vom Rat erhoben und an den Bischof weitergeleitet wurde; vgl. Benl, Erfurter Kämmereirechnung (2013), S. 79; Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 354.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 266, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/TW-c1-0012.html (Datum des Zugriffs)

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