Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 208

1339 November 23, Rostock

Eintrag im Wismarer Ratswillkürbuch:

Durch Vermittlung von Herzog Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg und mit Hilfe der Stadt Rostock kommt es in Rostock zwischen Fürst Albrecht II. von Mecklenburg und der Stadt Wismar nach Schiedsspruch zum vertraglichen Ausgleich über Unstimmigkeiten, die wegen des Juden und Wismarer Bürgers Danis ausgebrochen waren. Danis war innerhalb des Geleits Albrechts mit einem Rostocker Juden, einem Sohn Salomos, in Streit geraten, hatte diesen geschlagen und ihm dabei die Gliedmaßen gebrochen. Albrecht hatte deshalb in Zorn gegen die Räte Wismars und gegen Danis Partei für den Rostocker Juden ergriffen, Wismar hingegen hatte sich hinter seinen Mitbürger Danis gestellt (Anno domini millesimo tricentesimo tricesimo nono, cum dominus noster dominus Albertus Magnopolensis, Stargardie et Rostok dominus maxime fuerat ad iracundiam provocatus contra nos consules suos et contra Danyese iudeum (1), civem nostrum, pro eo, quod dixerat, eundem iudeum quendem alium iudeum de Rostock, Salemonis filium (2), in conductu et securitate domini nostri in via equitantem percussisse et sibi brachia et crura confregisse, feria vero tercia ante festum beate Katherine virginis nobilis dominus Rodolfus, dux Saxonie, in civitate Rostok constitutus una cum quibusdam consulibus Rostokcensibus inter dictum dominum nostrum Magnopolensem et inter nos consules composicionem unam prout arbiter unus, ut erat ex utraque parte ad hoc electus loquebatur in hunc modum). Mit dem Schiedsspruch versprach Albrecht öffentlich allen aus alten und neuen Ursachen erwachsenen Unwillen, insbesondere wegen der Zerstörung des Turmes, der Verlegung des Fürstenhofes und des Juden Danis aufzugeben und Wismar und seine Einwohner zu verteidigen, zu schützen und zu begünstigen und ihnen ein gnädiger und freundlicher Herr zu bleiben (omnem inding[n]acionem, quam contra nos haberet de antiquo sive de novo et specialiter nominatim ex parte destructione (!) turris et transposicione (!) curie sue (3) et Danyes iudei memorati (4), totaliter de corde suo dimittere deberet et numquam illius de cetero recordari, sed nos et nostram communitatem, cives suos, in omnibus defendere, tueri et proplacitare et nobis esse et manere dominus favorabilis et graciosus). Zugegen sind: die Ritter Otto von Dewitz und Nikolaus von Helpte sowie Engelbert von Baumgarten, Ludolf von Gotland, Heinrich Rode und Johann Zöllner, die vom Rat offiziell entsendeten Bürgermeister Rostocks (huic composicioni in publico facte presentes fuerunt: domini Otto de Dewitz, Nicolaus de Helpede, milites, domini Eghelbertus de Bomgharden, Ludekinus de Ghodlande, Hinricus Rode, Johannes Tolner, burgimagistri Rostokcenses a communi eorum consilio ad hoc missi). (5)

(1) Zu Danis vgl. auch NO01, Nr. 175, NO01, Nr. 176, NO01, Nr. 177, NO01, Nr. 183, NO01, Nr. 185, NO01, Nr. 188, NO01, Nr. 189, NO01, Nr. 190, NO01, Nr. 191, NO01, Nr. 195, NO01, Nr. 194, NO01, Nr. 193, NO01, Nr. 192 und NO01, Nr. 198. Gegebenenfalls ist Danis mit dem ebenfalls für Wismar belegten Juden Daniel (NO01, Nr. 247 und NO01, Nr. 252) identisch.

(2) Zu Salomo aus Rostock vgl. auch NO01, Nr. 170, NO01, Nr. 174, NO01, Nr. 239, NO01, Nr. 240 und NO01, Nr. 256. Als seine Söhne sind Mosseke (NO01, Nr. 218, NO01, Nr. 258, NO01, Nr. 259, NO01, Nr. 263, NO01, Nr. 266, NO01, Nr. 269) und Jakob (NO01, Nr. 218, NO01, Nr. 258, NO01, Nr. 266, NO01, Nr. 269) bekannt.

(3) Gemeint sind hier die unmittelbar nach dem Tod Heinrichs II. von Mecklenburg (21. Januar 1329) vertraglich mit seinem noch minderjährigen Sohn Albrecht ausgehandelte Verlegung des Wismarer Fürstenhofes vor dem Mecklenburger Tor zurück an den Platz bei St. Georg, wo er sich bis 1311 befunden hatte, sowie der Niederriß des Turmes. Vgl. MUB 8, Nr. 5038, S. 35 f., Nr. 5039, S. 36 f., Nr. 5059, S. 53, Nr. 5143, S. 129 sowie Techen, Geschichte (1929), S. 24.

(4) Aus der Aufzählung wird deutlich, dass der Streit zwischen den beiden Juden aus Rostock und Wismar, dessen Auslöser leider nicht angegeben wird, nur ein Anlass für die Missstimmung zwischen Albrecht und Wismar war. Möglicherweise war er auch nur vorgeschoben, um die Eskalation zu befördern, definitiv zugleich aber auch Ausgangspunkt für die angestrebte Aussöhnung. Diese bedeutet zugleich - auch wenn das nicht explizit festgehalten ist - einen Verzicht auf weitere Verfolgung Danis' durch Albrecht wegen der Verletzung seines Rostocker Schutzjudens.

(5) Eingetragen zeitnah nach dem Ereignis auf Lage IX des Ratswillkürbuches von der Hand des Stadtschreibers Nikolaus Swerk. Einige Tage später, am 4. Dezember, wurde die Angelegenheit auf einer Zusammenkunft in Sternberg endgültig beigelegt (NO01, Nr. 209).

Überlieferung:

Wismar, StadtA, Ratswillkürbuch, fol. 94v, Orig. (Kriegsverlust), lat., Perg.; ebd., Abt. VI, Rep. 1 D (1853), fol. 94v.

Kommentar:

Zum Wismarer Ratswill(e)kür(e)buch vgl. NO01, Nr. 198.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 27.06.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 208, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-008k.html (Datum des Zugriffs)

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