Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 176

1337 März 23, Wismar

Albrecht II. von Mecklenburg (Albrecht, van der gnade godes here to Mekelenborch, to Stargarde unde to Rozstok) verständigt sich mit dem Rat der Stadt Wismar darüber, dass es in der Stadt ab sofort maximal zwei Judenhischen in nicht mehr als zwei Häusern gibt (dat nycht mehr joden wen twe hysche (1) in user stad to der Wysmer na desseme daghe, also desse breef ghegheven ist, scolen wonen unde yn nicht mer husen behalven twe). Eine Hische wird dabei als Mann, Frau, Kinder und ihr Gesinde definiert (unde en yewelik hýsche schal wese en man unde sýn wyf unde ere kindere myd eren knechten unde megheden). Die zwei Hischen sollen jährlich 24 Mark Lübischer Währung zahlen, darüber hinaus sollen sie nicht besteuert werden. Den Ausfall einer Hische soll die bestehende kompensieren (des schølen de sulven twe hy[s]che der jøden us unde usen erfnamen unde nakomelingen gheven yewelikes iares eweliken ver unde twintich mark Lubeker penninge, unde dar enboven en schøle wy se nycht beschatten. Weret aver also, dat en hysche vorstørve, dat andere hysche schal us voͧl doon lyker wys, also se beyde leveden). Die Mitglieder der Hischen sollen innerhalb Wismars wie die anderen Bürger am Bürgerrecht teilhaben und den Ratsmännern wie die übrigen Bürger gehorchen (se schølen och býnnen user stad to der Wýsmer lyke usen anderen børgheren to børgherrechte sitten unde usen raadmannen yn der sulven user stad horsam wesen like eren anderen børgheren) (2). Von den zwei Hischen soll eine diejenige des Juden Danis (3) sein, die Auswahl der anderen soll ihm überlassen werden (desser twier hysche schal en wesen Danys, unde mach to sik nemen dat andere hysche von jøden, wen de sulve Danys hebben wil). Die vorstehenden Bedingungen werden beurkundet und besiegelt.

… de ghegheven is unde geschreven to der Wysmer, in deme jare na der bord uses heren dusend iar drehunderd jar in deme sevenun[de]druttighesteme iare, des sundaghes vor user vrowen daghe in der vasten, beschedeliken also me synkt Oculi mei semper.

Als Zeugen fungieren: die Ritter Nikolaus von Helpte und Hinrich von Plessen (her Nicolaus von Helpede, her Hinrik von Plesse, use riddere) sowie die Bürgermeister Johann Rodekogel und Johannes von Kröpelin (Johan Rodecoghele unde Johan Kropelyn, børghermestere to der Wysmer) und alle übrigen Anwesenden. (3)

(1) Hisch beziehungsweise hische: mnd., Familie, Familiengemeinschaft, Hausgemeinschaft, Ehepaar mit den Familienangehörigen und dem Gesinde.

(2) Donath, Geschichte (1874), S. 12 deutet diesen Passus als Verzicht des Landesherrn auf Jurisdiktion und Übergabe in die städtische Gerichtsbarkeit. Vgl. die Spezifikation im Vertrag mit der Stadt vom 1. Mai 1337 (NO01, Nr. 177).

(3) Zu Danis vgl. auch NO01, Nr. 175, NO01, Nr. 177, NO01, Nr. 183, NO01, Nr. 185, NO01, Nr. 188, NO01, Nr. 189, NO01, Nr. 190, NO01, Nr. 191, NO01, Nr. 195, NO01, Nr. 194, NO01, Nr. 193, NO01, Nr. 192, NO01, Nr. 198 und NO01, Nr. 208. Möglicherweise ist Danis mit dem ebenfalls für Wismar belegten Juden Daniel (NO01, Nr. 247 und NO01, Nr. 252) identisch.

(3) Der Eintrag unter der Nr. 51 und der Rubrik Dominus Magnipolensis et consules concordaverunt duos iudeos et non plures - plures nachgetragen - in Wysmer conmoraturos.

Überlieferung:

Wismar, StadtA, Abt. VI, Rep. 1 A 1, fol. 46r/v, [Nr. 51], Abschr. (2. Viertel 14. Jh.), dt., Perg.

Kommentar:

Zum Wismarer Privilegienbuch vgl. NO01, Nr. 49. Das Wismarer Privilegienbuch ist noch ohne Pagination. Nähere Angaben folgen einer eigenen Zählung. Die Urkunde dokumentiert eine neue Verständigung zwischen Wismar und dem Landesherrn. 1311 (NO01, Nr. 69) hatte man sich noch auf die Duldung von sechs Judenhischen geeinigt. Der Rat bewegt den Landesherrn nun, die Zahl der in Wismar ansässigen Juden zu reduzieren. Ein Zusammenhang mit den Hostienschändungsprozessen von Krakow am See (1325) und Güstrow (1330) ist möglich, aber nicht belegbar. Bereits 1341 (NO01, Nr. 218) kommt es zu einer vertraglichen Revision, die allerdings an der Zahl von zwei Hischen festhält.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 18.05.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 176, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-008d.html (Datum des Zugriffs)

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