Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)
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Norddeutschland 1, Nr. 157
1334 Januar 23, Parchim
Grabstein des freigiebigen Herrn Isaak (הינירי יציחק) Sohn des gelehrten Herrn Petachia (ביהיחירי פתחיא) (1), gestorben am 16. Schevat 5094 (בשנת אלפים תשעים וארבע לפרי בששה עשר בשבט). Sein Tod sei seine Sühne (תו תהא כפרתו) (2). Die Dienstengel mögen ihm entgegen ziehen und ihn begleiten mit Fackeln (ויצא מלאכי השרת לקראתו וילוהו לפיד) (3). (4)
(1) Die Ehrenbezeichnung Gelehrter ('ב'ה'ח'ר) bei Petachia weist nach Donath, Geschichte (1874), S. 31, und Tychsen, Leichensteine (1768), Nr. 6, S. 40 f., auf einen angesehenen und gelehrten Mann hin. Tychsen deutet den Vater - gewiss falsch - als Petachia von Regensburg. Das Attribut bei Isaak ('ה'נ'ר) mag in eine ähnliche Richtung deuten, meint aber in erster Linie Freigiebigkeit gegenüber der Gemeinde.
(2) Die Formel 'Sein Tod sei seine Sühne' soll nach Donath, Geschichte (1874), S. 31, und Zunz, Zur Geschichte und Literatur 1 (1845), S. 333 f. und 446 bei einem von einem außerordentlichen Tod betroffenen, vor allem bei Glaubensmärtyrern, hinzugefügt worden sein. Auf Grabsteinen gibt es nach Zunz, Zur Geschichte und Literatur 1 (1845), S. 419 und 446 bisher allerdings nur ein Pendant aus Toledo, den undatierbaren Grabstein des Israel ben Josef Israel, der kurz vor dem Pesachfest erschlagen wurde; vgl. Luzzatto, Avne zikaron (1841), Nr. 62, S. 61 f.
(3) Donath, Geschichte (1874), S. 31, deutet mit Zunz, Zur Geschichte und Literatur 1 (1845), S. 446, die Schlussphrase so, dass Isaak den Feuertod erlitten hat. Tychsen, Leichensteine (1768), Nr. 6, S. 40 f. hingegen vermutet ein starkes Gewitter bei seinem Begräbnis.
(4) Der Stein diente ehemals als Schwellenstein in der Parchimer St. Marienkirche, vgl. Stoffels, Wiederverwendung (2012), S. 115 und 147 sowie Abb. 29.
Überlieferung:
Parchim, Museum der Stadt Parchim, Orig., hebr., Stein.
- MUB 10, Nr. 7399f, S. 613;
- Donath, Geschichte (1874), S. 30-32;
- Hecht, Geschichte (1859), S. 48, Anm. 6;
- Tychsen, Leichensteine (1768), Nr. 6, S. 40 f. (mit Tafel I Mitte unten links) [beruhend auf Rostock, UB, Mss. orient. 254, S. 294].
- Brocke/Ruthenberg/Schulenburg, Stein (1994), S. 542;
- Zunz, Zur Geschichte und Literatur 1 (1845), S. 410 und 446.
Kommentar:
Zu den jüdischen Grabsteinen Parchims vgl. den ausführlichen Kommentar in NO01, Nr. 50.
(Johannes Deißler und Andreas Lehnertz) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021
Zitierhinweis
Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 157, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-005f.html (Datum des Zugriffs)
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Einleitung
Ausführliche Informationen zu Juden in den norddeutschen Bistümern finden Sie demnächst in der Einleitung von Johannes Deißler.
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