Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 146

1332 September 8, Goslar

Der Rat der Stadt Goslar bekundet eine Vereinbarung mit dem Juden Godeleve (cum Godeleve iudeo). wonach Godeleve, dessen Ehefrau Miriam (uxor sua Meriame) und alle ihre nicht verheirateten Kinder (omnes ipsorum pueri non coniugati) vom kommenden Martinsfest an für die Dauer von sechs Jahren von der Gemeinschaft der übrigen Goslarer Juden eximiert werden und zwar so, dass sie sich an der Abgabe, die Schoß bezeichnet wird, nicht beteiligen, sondern dem Rat stattdessen an Michaelis auf die Dauer von sechs Jahren jährlich eine Mark geben (a festo sancti Martini proxime affuturo (1), usque dum sex annorum circulus evolutus fuerit, stabunt exempti a consortio pariter et a communitate aliorum nostrorum iudeorum sub hac forma, videlicet quod ipsis non cooperabuntur ad contributionem, que schot vocatur, sed nobis dabunt unam marcam (2) puri argenti in festo sancti Michaelis (3) et sic deinceps hiis sex annis durantibus expedite). Gleich den übrigen Goslarer Juden gewährt der Rat den vorgenannten Juden uneingeschränkten Rechtsschutz (concedimus etiam predictis, similiter aliis nostris iudeis nobiscum commorantibus plenam iustitiam in omnibus congaudere). Falls aber der König oder ein kaiserliches Mandat irgendeine Abgabe oder Steuer von den übrigen Goslarer Juden verlangt, dann werden sie mit den übrigen Juden Goslars das Mögliche tun (verum si serenissimus dominus noster rex aut mandatum imperiale aliquam contributionem seu collectam de ceteris nostris iudeis exegerit, nichilominus ipsi cum aliis suis consociis facient ea, que possibilia videbantur). Die Vorgenannten dürfen während der Geltung der Vereinbarung kein Geld eines Juden zu ihrem Nutzen annehmen, wenn sie nicht zumindest mit dem Rat über eine Sonderbesteuerung verhandelt haben (predicti etiam medio tempore nullius iudei pecuniam ad usus suos recipere debebunt, nisi saltem specialem nobis exactionem de eadem curaverint elargiri). Die Tochter, die sich während der Zeit zuerst ehelich verbindt, erfreut sich allein mit ihrem Ehemann an der elterlichen Sonderregelung und bleibt in den sechs Jahren von der Abgabe befreit (verum etiam quamcumque de filiabus suis medio tempore primum thoro copulaverint maritali, illa sola cum marito suo exemptionem parentum gaudebit et a contributione libera permanebit pendentibus hiis sex annis). (4) Wenn sie aber ihre übrigen Söhne und Töchter verheiraten, dann müssen diese für ihren Verbleib eine eigene Vereinbarung treffen (si vero ceteros pueros suos masculos vel feminas ad copulam coniugalem tradiderint, hii extunc pro sua mansione tenentur secundum nostram gratiam placitare).

Datum anno domini MᵒCCCᵒXXX secundo, in Nativitate Marie virginis gloriose. (5)

(1) 1332 November 11.

(2) Wort über der Zeile nachgetragen.

(3) September 29. Unklar bleibt, ob der Betrag erstmals vor Beginn der eigentlichen Laufzeit, also am 29. September 1332, zu zahlen ist oder, ob er zu Michaelis 1333 erstmals fällig wird. Die erste Variante erscheint plausibler.

(4) Erstmals findet sich eine Sonderreglung bei Heirat der Kinder. Während diese ansonsten die mit ihrem Vater getroffene Vereinbarung nicht übernehmen, findet diese hier zumindest für die erste sich verheiratende Tochter und deren Ehemann Anwendung.

(5) Am linken Rand oben (von zeitgleicher Hand): exspiravit.

Überlieferung:

Goslar, StadtA, B 825, fol. 78v, [Nr. 219], Abschr. (1. Hälfte 14. Jh.), lat., Perg.

Kommentar:

Zu den sogenannten 'Judenbriefen' der Stadt Goslar vgl. NO01, Nr. 74.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 146, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-002f.html (Datum des Zugriffs)

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