Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 145

1331 September 27, Goslar

Der Rat der Stadt Goslar bekundet eine Vereinbarung mit dem Juden Jordan, Schwager (oder Neffe) Samsons (Jordanus iudeus, sororius Sampsonis) (1), wonach Jordan, dessen Ehefrau Wilkawe (Wilkawe ipsius uxor) und alle ihre unverheirateten Kinder (omnes ipsorum pueri non coniugati) vom kommenden Michaelsfest an für die Dauer von vier Jahren sich des besonderen Schutzes des Rates erfreuen und von der Abgabe der übrigen Goslarer Juden eximiert werden, wofür sie jährlich und für die Dauer der vier Jahre 1 1/2 Mark geben (ex nunc a festo beati Michahelis proxime affuturo (2), usque dum quatuor annorum circulus evolutus fuerit, nostra speciali protectione gaudebunt exempti ab aliis nostri opidi iudeis contributione, pro qua nobis singulis annis unam marcam cum dimidia puri argenti hiis quatuor annis durantibus contributionis nomine ministrabunt). Ihnen wird gleich den übrigen Goslarer Juden eine uneingeschränkte Rechtsstellung zugesichert (concedimus etiam ipsis similiter aliis nostris iudeis nobiscum commorantibus plena iustitia in omnibus congaudere). Falls sie ihre Söhne oder Töchter verheiraten, müssen diese für ihren Verbleib eine Vereinbarung über ihren Aufenthalt mit dem Rat treffen (si vero prefati suos pueros masculos vel feminas ad copulam coniugalem tradiderint, hii ex tunc nobiscum pro sua mansione placitabunt). Die Vorgenannten dürfen während der Laufzeit der Vereinbarung von keinem anderen Goslarer Juden Geld zu ihrem Nutzen annehmen, wodurch das Anrecht oder zumindest eine Abgabe an die Stadt geschmälert werden könnte, wenn sie nicht dem Rat eine besondere Abgabe davon abführen (predicti etiam medio tempore nullius iudei nostri pecuniam ad usus suos recipient, de qua ius aut saltem contributio nostre civitati derogari possit, nisi specialem nobis collectam seu contributionem de eadem curaverint elargiri). Wenn aber der Kaiser oder ein königliches Mandat eine Abgabe oder Unterstützung von den Goslarer Juden einfordert, müssen jene diese Weisung gleich den übrigen Goslarer Juden erfüllen (si vero serenissimus dominus noster imperator aut regale mandatum collectam vel subsidium aliquod ab aliis nostris judeis requireret, nichilominus ipsi eque aliis nostris judeis dictum mandatum deberent adimplere).

Datum anno domini MᵒCCCᵒXXXIᵒ, in die Cosme et Damiani martirum beatorum. (3)

(1) Vgl. die Judenbriefe vom 25. Juli 1320 (NO01, Nr. 94) und 25. Februar 1330 (NO01, Nr. 134). Wenn der darin genannte Jordan mit dem hier privilegierten identisch sein sollte, würde das bedeuten, dass der Vertrag von 1330, der Gültigkeit bis zum September 1336 hatte, vorzeitig durch einen neuen abgelöst wurde. Aufgrund der unveränderten Höhe der Sondersteuer (jeweils 1 1/2 Mark) und einer insgesamt um ein Jahr kürzeren Laufzeit des Ablösevertrages (bis September 1335) mutet das kaum wahrscheinlich an. Insofern dürfte das kognatische Verwandschaftsverhältnis (cognatus) Jordans zu einem Samson in den Judenbriefen vom 25. Juli 1320 (NO01, Nr. 94) und 25. Februar 1330 (NO01, Nr. 134) anderes bezeichnen als das hier verwendete sororius, was Schwestermann oder Schwestersohn meinen kann.

(2) 1331 September 29.

(3) Die erste Zeile des Eintrages teilweise auf Rasur oder durch andere äußere Einflüsse abgeblasst. Am rechten Rand oben (von zeitgleicher Hand): exspiravit.

Überlieferung:

Goslar, StadtA, B 825, fol. 74r, [Nr. 208], Abschr. (1. Hälfte 14. Jh.), lat., Perg.

Kommentar:

Zu den sogenannten 'Judenbriefen' der Stadt Goslar vgl. NO01, Nr. 74.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 145, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-002e.html (Datum des Zugriffs)

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