Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1273-1347)

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Ebm. Mainz 1, Nr. 211

1334 September 1

Peter Gruwel von Bingen (Petrus dictus Gruel de Pingwia), Burgmann ebenda, bekundet, dass sein Herr, [Erzbischof] Balduin [von Trier], der Provisor der Mainzer Kirche (Baldewinus, sancte Maguntine sedis provisor), ihm und seinen Erben ein Privileg ausgestellt hat, dessen Wortlaut als Insert folgt. Darin bekundet Balduin u. a., dass er seinem und der Mainzer Kirche Burgmann Peter Gruwel für seine geleisteten und künftig noch zu leistenden Dienste die Gunst zuteil werden ließ, dass sein Burglehen von einer Karrate Wein des [mainzischen] Hofes in Algesheim (Aegesheim) (1) sowie zwei Mark Pfennigen seiner Steuer dort (duarum marcarum denariorum boni pagamenti de stura nostra ibidem) (2) auf Peters Erben übergeht, bis ein Erzbischof es für 40 Mark an Einkünften auslöst, doch muss Peter oder müssen seine Erben dem Erzbischof und der Mainzer Kirche vorher Einkünfte aus Eigengütern in Höhe von vier Mark abtreten und als Burglehen empfangen sowie in des Erzbischofs Burg Klopp (Clopp) getreulich dienen. Ankündigung des Siegels des Erzbistums Trier. Datum Xᵐᵒ kalendas septembris, anno domini millesimo CCCᵒ XXXIIIIᵗᵒ.

Auf Bitten Peter Gruwels siegeln die Richter der Mainzer Kirche.

Datum kalendas septembris, anno domini millesimo CCCᵒ XXXIIIIᵗᵒ.

(1) Das erste 'e' in Aegesheim ist eventuell ein Druckfehler.

(2) Die anscheinend einzig erhaltene Überlieferung dieser Urkunde durch Stephan Alexander Würdtwein im 1785 gedruckten Band 5 seiner 'Nova subsidia diplomatica' trägt die Überschrift Item littera Petri Gruwel de Pingwia quod duarum marcarum redditus cedentes in villa Algesheim de stura iudeorum tenet in feudum castrense in castro Cloppe. In den beiden oben zitierten Regesten aus dem 19. Jahrhundert ist diese Auffassung offenbar ungeprüft übernommen worden. Der Urkundentext erwähnt jedoch die Juden nicht. Insofern ist dieser bislang einzige vermeintlich sichere Beleg für die Ansiedlung von Juden in Gau-Algesheim im 14. Jahrhundert äußerst fragwürdig. Die GJ 2, 1 indes hat ihn, gestützt lediglich auf eines der zitierten Regesten, uneingeschränkt als Siedlungsbeleg herangezogen, was in der Literatur seitdem übernommen wurde. In GJ 3, 1, S. 423, hat demgegenüber der Mainzer Stadtarchivar Friedrich Schütz im Ortsartikel 'Gau-Algesheim' festgestellt: 'Die Anwesenheit von Juden in G. ist erstmals 1434 nachzuweisen.' Der Sinn von Schützens Hinweis 'vgl. auch GJ II Art. G.' in Anm. 4 seines Artikels erschließt sich von daher nicht. Nicht gänzlich von der Hand zu weisen, wenngleich äußerst unwahrscheinlich, ist die Möglichkeit, dass Würdtwein auch die inserierte Balduin-Urkunde noch im Original zugänglich war, er sie jedoch nicht eigens aufzunehmen beschloss, obwohl sie im Wortlaut geringfügig abwich, indem dort noch das Wort iudeorum stand, das dann in der Abschrift versehentlich ausgelassen worden wäre. Denkbar wäre darüber hinaus ein entsprechender Fehler in der Edition. Es erscheint jedoch wesentlich vernünftiger, davon auszugehen, dass das eigentlich unzutreffende Kopfregest Würdtweins auf seiner Interpreation beruhte, für die Steuereinkünfte als Teil des Burglehens hätten - wie ja in vergleichbaren Fällen sehr oft - Juden aufkommen müssen.

Überlieferung:

Aufbewahrungsort unbekannt, Orig. (Insert), lat., Perg.

  • Nova subsidia diplomatica 5, Nr. 56, S. 109-112.
  • Regesta Bingiensia, Nr. 255, S. 25;
  • Regesten der bis jetzt gedruckten Urkunden zur Landesgeschichte 3, Nr. 2703, S. 180.
  • Hellriegel, Judaica (2004), S. 8;
  • Geschichte der Juden 2 (2002), S. 126;
  • Meyer/Mentgen, Sie sind (1998), S. 51, Anm. 14;
  • Ziwes, Studien (1995), S. 31, Anm. 7;
  • GJ 2, 1, S. 269.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 11.09.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, MZ01, Nr. 211, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ01/MZ-c1-000v.html (Datum des Zugriffs)

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