Quellen zur Geschichte der Juden in der Stadt Köln (1273-1347)

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Stadt Köln 1, Nr. 135

1330 Dezember 29

Der Kölner Erzbischof Heinrich [II., von Virneburg] (Henricus dei gratia sancti Coloniensis ecclesie archiepiscopus, sacri imperii per Italiam archicancellarius) bekundet, dass er seine Kölner Juden (iudei nostri Colonienses ad presens in Colonia commorantes) beginnend ab Mariä Lichtmess des Jahres 1331 für zehn Jahre unter seinen Schutz gestellt hat. In diesem Kontext erneuert er unter ausdrücklichem Rückbezug auf den Judenschutzbrief von 1302 die damals zugesicherten und an dieser Stelle nochmals aufgeführten Bestimmungen. Neben der Erhöhung des im Gegenzug von den Juden zu zahlenden Geldbetrags von 60 auf 70 Kölner Mark sowie des Verweises auf eine vor kurzem gezahlte Summe (1) enthält der Brief folgende Ergänzungen: [1.] Nach Köln ziehende und dort heiratende Juden und Jüdinnen sind nicht zur Beteiligung an den festgelegten jährlichen Abgaben verpflichtet. [2.] Kein Jude/keine Jüdin soll vor ein geistliches Gericht gezogen oder dort gebannt (excommunicare) werden. [3.] Forderungen gegenüber Juden dürfen ausschließlich vor das jüdische Gericht gebracht werden, dessen Urteil durch die Mehrheit der Juden in ihren Synagogen unter Eid gefällt werden soll (… que sibi per maiorem partem judeorum in scolis eorum et sub juramento eorum datur et profetur …). Darüber hinaus sollen sie von niemandem belastet werden. [4.] Für den Fall, dass ein Jude wegen Aufbegehrens oder Ungehorsams gegen den Erzbischof oder das jüdische Gesetz (eo iure, quod iudei convinci solent) vor dem erzbischöflichen Richter oder kraft Amtes Befugten (noster judex seu officiatus) Klage gegen einen anderen Juden erhebe, sei der Beschuldigte - sofern die Mehrheit der Juden dies unterstütze - der Stadt zu verweisen. [5.] Die Juden, die zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung im Besitz von Schutzbriefen der Erzbischöfe oder ihrer Beamten (littere nostre vel officiati nostri) sind, sollen lediglich den auf sie anfallenden Teil der obengenannten 70 Mark zahlen. Zu einem späteren Zeitpunkt Hinzuziehende hingegen müssen mit dem Erzbischof oder seinem Beamten ein an den Erzbischof zu entrichtendes Jahresgeld (annua pensiona) aushandeln. [6.] Der Judenrat (iudeorum nostrorum magistratus) darf in den Synagogen nach jüdischem Recht (… tantum de hiis, que eorum ritum et legem contingunt secundum iudaicum ius ipsorum) über alle Angelegenheiten urteilen, die Kult und Gesetz der Juden (ritum et lex) betreffen. Dieses Privileg darf von niemandem bestritten werden. In nochmals wörtlicher Anlehnung an das Privileg von 1302 endet die Urkunde mit der Zusicherung, alle bereits von Päpsten, Kaisern, dem Erzbischof oder seinen Vorgängern verliehenen Judenprivilegien zu beachten. Es wird die Jurisdiktion des Erzbischofs und Kämmerers salvatorisch abgesichert. Siegelankündigung des Erzbischofs.

Datum anno domini millesimo trecentesimo trigesimo primo, in crastino Innocentum. (2)

(1) 1330 Dezember 28: 8.000 Mark (KO01, Nr. 134).

(2) Jahresbeginn 1331 mit Weihnachten.

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 1, U 3/1316, Orig., lat., Perg.

  • UB zur Geschichte des Niederrheins 3, Nr. 259, S. 209-211 (mit irriger Datierung).
  • Schmandt, Judei (2002), S. 271 f.;
  • REK 4, Nr. 1927, S. 465 f.;
  • Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 4, Nr. 167, S. 181 (mit irriger Datierung zu 1331);
  • Weyden, Geschichte (1867), Anhang, Nr. 20, S. 370.
  • GJ 2, 1, S. 421;
  • Fischer, Stellung (1931), S. 18 f.;
  • Brisch, Geschichte 1 (1879), S. 112;
  • Weyden, Geschichte (1867), S. 166 f. (irrig zu 1332);
  • Mone, Ueber die Juden (1858), S. 263 (irrig zu 1331).

Kommentar:

Für die im Regest nicht genannten Bestimmungen vgl. die als Vorlage dienende Urkunde von 1302 mit weiteren Hinweisen auf ältere Privilegien (KO01, Nr. 30). Der dort verankerte Passus, dass die Regelungen auch im Todesfall Heinrichs gültig seien, wird ebenso ausgespart wie die Nennung christlicher Bürgen. Dem weitreichenden Entgegenkommen hinsichtlich des Gerichtsstandes der Juden wurde noch vor Ablauf der Zehnjahresfrist widersprochen; vgl. KO01, Nr. 166.

(bel.) / Letzte Bearbeitung: 05.05.2022

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, KO01, Nr. 135, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KO01/CP1-c1-0001.html (Datum des Zugriffs)

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