Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 214

[um 1342]

Eine namentlich nicht genannte Person berichtet in der Ich-Form dem Bürgermeister und dem Stadtrat von Freiburg im Breisgau über die Straftaten einer jüdischen Diebesbande (geselleschaft), deren Mitglieder in Hornberg (ze Hornberg) ansässig sind, und von denen zwei in Freiburg (Ffriburg) gefangen wurden: In Colmar (ze Colmer) und Rufach (ze Rufach) soll die Bande die Häuser zweier Juden erbrochen und Silber im Wert von mehr als 100 Pfund erbeutet haben. Die Bestohlenen nahmen die Verfolgung auf und konnten in Basel (ze Basel) wieder in den Besitz ihres Gutes gelangen. Den Einbrechern gelang jedoch die Flucht. Als Zeugen werden der Bürgermeister, der Rat und die Ratsboten von Basel genannt. In Zürich (Zúrich) hätten die Diebe im Anschluss daran einem Juden Briefe und Kleinod im Wert von etwa 1.000 Pfund gestohlen. Von den drei Dieben konnte einer in Villingen (ze Filingen) ergriffen und verurteilt werden, den beiden anderen gelang die Flucht. Die Beute wurde sichergestellt und gegen die Zahlung einer Entschädigung dem Besitzer/den Besitzern zurückgegeben. Bezeugen könnten dies die Stadträte von Zürich, Schaffhausen (Schaffhusen) und Villingen sowie die in diesen drei Städten lebenden Juden. Schließlich seien sechs Mitglieder der Bande nach Konstanz (gen Kostenze) gekommen, wo sie einem Krämer einen Kasten aufbrachen und ihm bare Habe, Seide und Safran im Wert von mehr als 200 Mark Silber stahlen. Die Diebe hätten sich beim Abendessen in Freiburg selbst dieser Tat gebrüstet. Auch bei der Stadt Konstanz könne man sich darüber erkundigen. Im Kloster Alpirsbach (Alberspach) stahlen die Diebe Kelche, Kreuze und was sonst noch von Wert war. Als Gewährsleute seien der Abt und der Konvent heranzuziehen. Im Kloster Wonnental (Wunnedal) erbeuteten die Diebe an die zehn Pfund an barer Habe, einen Kelch und weitere Wertgegenstände. Dies hätten die Diebe selbst erzählt, von denen einer in Freiburg aufgegriffen und in der Burg eingekerkert worden sei. Von daher solle der Rat erkennen, wer die Stöcke zu Sankt Nikolaus und anderswo innerhalb der Stadt in diesem Jahr aufgebrochen hat. Ferner hätten die in Hornberg ansässigen Diebe der Witwe Süßkinds des koellers und deren Kindern ihr Buch und andere Kleinodien gestohlen, von denen ein Teil wieder ausgelöst werden konnte. Dies könnten Süßkinds Erben und ein Großteil der Freiburger Juden bezeugen. Einer der Hornberger Diebe habe einen Sack voll Plunder und einen gestohlenen Panzer nach Ettenheim (Ettenhein) in das Haus zum Nussbaum mitgebracht, was der Wirt des Hauses zum Nussbaum, der Vogt von Ettenheim, der mittlerweile nicht mehr als solcher fungiert, sowie der Spiegeler (1) und die Ratsboten Heinrich Spörlein und Werlin bezeugen könnten. Darüber hinaus sollen Bürgermeister und Rat wissen, dass mehr als das Zwanzigfache der oben aufgeführten Güter gestohlen worden ist und Diebesgut im Wert von mehr als 800 Mark Silber allein nach Freiburg und Waldkirch (gen Waltkilche) gelangt ist. Auftraggeber der Hornberger Diebe seien die in Waldkirch ansässigen Juden Salomo und sein Geselle Pneite (2) gewesen, die ihnen die Waren abgenommen hätten und es noch immer täten. Der Jude Jäckel, Bruder Salomos und Sohn Joliebs, sei bereits in Freiburg gefangen genommen worden. Man werde noch weitere Beteiligte ausfindig machen können, wenn man intensiv nachforsche. Allein der oben genannte Diebstahl hätte den drei genannten Juden mehr als 500 Mark eingebracht. Der Stadtrat solle Erkundigungen bei den in Freiburg ansässigen Goldschmieden und Wechslern sowie bei weiteren Bürgern einziehen, die mit Wechseln, Gold und Silber zu tun hätten, unter anderem bei der Rúsin (3), die Joliebs Sohn Jäcklin viel gewechselt hätte. Schließlich sollte dem Rat auch nicht vorenthalten werden, dass die Hornberger Diebe in diesem halben Jare in Basel nachts nach Glockenschlag auf frischer Tat ertappt worden seien und bei ihrer Gefangennahme Christen tödlich verwundet hätten. Die in Freiburg gefangenen Juden hätten auch erzählt, dass ihr Auftraggeber Jäcklin sie mit Zehrgeld ausgestattet habe. Dies seien, so die Auskunft des Autors der Nachricht, noch längst nicht alle Straftaten der Juden, aber auch von Christen, die herausgefunden werden könnten, wenn man gezielt danach suche. (4)

(1) Bei dem namentlich nicht genannten Spiegeler könnte es sich um Johans den Spiegeler den stockwerter, burger ze Freiburg handeln, dem 1342 VII 13 der Freiburger Priester Nikolaus Tegenhart eine Roggengülte verkaufte (Urkunden des Heiliggeistspitals zu Freiburg 1, Nr. 278, S. 123).

(2) Pneite = Baruch.

(3) Die Rusin könnte identisch sein mit Gisela Russen, die gemeinsam mit ihrem Mann Albrecht Russen und ihren Vorfahren im Jahrzeitbuch des Freiburger Heiliggeistspitals zum 31. Dezember eingetragen ist (Widmann, Selan (2006), S. 352) und die als Frow Gisela die Rússin, Bürgerin von Freiburg, 1358 XI 11 vom Heiliggeistspital eine Gülte zu Endingen erwarb (Urkunden des Heiliggeistspitals zu Freiburg 1, Nr. 424, S. 172 f.).

(4) Die stark beschädigte Urkunde weist mehrere Kassationsschnitte auf.

Überlieferung:

Freiburg i. Br., StadtA, A 1 XIIIc (zu 1349 I 30), Orig., dt., Perg.

Kommentar:

Das Dokument ist nicht datiert, steht aber offenbar in Zusammenhang mit der von Johannes von Winterthur mitgeteilten Nachricht, wonach im Jahre 1342 bei Hornberg 13 Juden wegen Sakrilegien und anderer schwerer Diebstähle verbrannt worden seien und einige der von ihnen verratenen Komplizen in Schaffhausen, Villingen und Freiburg i. Br. hingerichtet worden seien; vgl. KN01, Nr. 215. Vgl. ausführlich zu dem Freiburger Schriftstück Müller, Diebesbande (2008).

(Jörg R. Müller) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 214, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/CP1-c1-01un.html (Datum des Zugriffs)

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