Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 124

1325 Februar 12, [Straßburg]

Da die jeweiligen Thesaurare der Straßburger Kirche [Jung-]St. Peter es nach ihrer Ernennung (in primordio sue creacionis ad ipsam thesaurariam) gewohnt gewesen seien, mit der Straßburger Judengemeinde (cum universitate iudeorum Argentinensium) für bestimmte Summen Geldes (pro certis peccuniarum summis) bezüglich der Zeit ihrer Amtsausübung einen Vertrag abzuschließen, dass die Juden ihre Verstorbenen auf dem innerhalb der Grenzen der Pfarrei [Jung-]St. Peter, deren Pfarrer (rector) der Thesaurar ist, liegenden Judenfriedhof (in cymiterio iudeorum) bestatten konnten, [die Dignitäre] das Geld jedoch für private Zwecke (suis privatis usibus) und nicht für die Kirche verwendet hätten, schließen der Propst, der Dekan und das Kapitel zum Besten ihrer Kirche mit ausdrücklicher und ungeteilter Zustimmung des amtierenden Thesaurars Konrad von Mülnheim für sich und ihre Nachfolger einschließlich aller Nachfolger Konrads mit den Straßburger Juden David dem Älteren (cum Davide seniore), seinem Sohn Vögelin (Voͤgellino), Jeckelin, dem Sohn des verstorbenen Selmelin (Ieckelino filio quondam Selmelini), und Meir, dem Kantor und Friedhofsverwalter (Meiger precentore et procuratore […] cymeterii) [der Juden], die in ihrem eigenen Namen und namens der Judengemeinde handeln, feierlich einen Vertrag folgenden Inhalts: Besagte Juden, ihre Gemeinde [insgesamt] sowie alle anderen Juden, wer sie auch sind und woher sie auch kommen (quicunque et undecunque fuerint), haben - ohne irgendeinen Vertrag mit dem Thesaurar, den Mitgliedern des Kapitels oder ihren Nachfolgern abschließen zu müssen - das freie Begräbnisrecht (liberam sepulturam) auf besagtem Friedhof unter unwidersprochenem Einschluss der Grundstücke, Häuser und Gärten, die sie vor kurzem von Rüdiger von Waseneck und seiner Frau Hedwig erworben haben. Diese sind gelegen neben [dem Besitz] des Scholasters von [Jung-]St. Peter, Heinrich Kolin, einerseits und neben [dem] des Ritters Erbo Weldelin und seines Bruders, des Cellerars Rynagens[is], andererseits und erstrecken sich nach vorn hin bis über den Weg nahe der Hirtzelache (ex anteriori parte tendit super viam iuxta aquam dictam die Hirtzelache). (1) Der Vertrag bezieht sich jedoch nicht auf etwaige sonstige Erweiterungen des Friedhofs in der Zukunft. Den Juden und ihrer Gemeinde wird die Pflicht zur [jährlichen] Abgabe eines Zinses in Höhe von 20 Straßburger Pfennigen als der Pfarrei geschuldetem Zehnt sowie anderer Zehnte und Forderungen erlassen und die Unverletztlichkeit des Abkommens garantiert. Eingeschlossen ist darin der Schutz der Juden gegenüber jedwedem Rechtsanspruch von allen oder einzelnen Personen der Kirche [Jung-St. Peter] in Bezug auf den Friedhof oder aus einem anderen Grund. Als Rekompensation für den Verzicht der Thesaurare bzw. des Stifts auf ihre Ansprüche gegenüber den Juden wegen des Friedhofs und [angrenzender] Areale haben die Juden dem Thesaurar Konrad [von Mülnheim] 136 Pfund Straßburger Pfennige gezahlt und angewiesen (numeraverunt et assignaverunt), die letzterer namens der Thesaurarie dem Propst und dem Dekan nicht für private Zwecke, sondern zum Nutzen der Thesaurarie so zu verwenden versprach, dass sie Erträge abwerfen. Der Thesaurar hat sich dabei persönlich verbürgt, das besagte Geld bis zu seiner völligen Umwandlung in Ewigzinsen stets unter der Aufsicht des Kapitels der Kirche zu lassen. Zur Verbesserung seines Dienstes [für die Kirche Jung-St. Peter] und zum Ausgleich für den Verzicht derselben auf ihr Recht an dem Friedhof und an besagten Arealen hat sich der Thesaurar für sich selbst, für alle seine Nachfolger und für die Thesaurarie gegenüber dem Propst und dem Kapitel mit des Propstes Vollmacht verpflichtet, dass dem Kapitel seitens der Thesaurarie künftig in jedem Jahr drei Pfund Straßburger Pfennige zufließen, die eine Hälfte an Weihnachten, die andere an Johanni. Von dem Vertrag wurden drei gleiche Exemplare ausgefertigt, eines für Dekan und Kapitel, das zweite für den Thesaurar von Jung-St. Peter und das dritte für die Gemeinde der Juden.

Ankündigungen der Siegel von Propst, Dekan, Thesaurar und Kapitel von Jung-St. Peter sowie des Siegels des Straßburger Offizialats, da der Vertrag dort abgeschlossen wurde.

Datum II idus februarii, anno domini Mͦ CCCͦ vicesimoquinto.

Rückvermerk:

von gleichzeitiger Hand: instrumentum conposicionis facte inter me custodem ecclesie sancti Petri et iudeos Argentinenses super sepultura cimiterii eorum

(1) Zur Lage von Judenfriedhof und Hirzlache vgl. Silbermann, Local-Geschichte (1775), S. 189.

Überlieferung:

Strasbourg, AD Bas-Rhin, G 4725/1, Orig., lat., Perg.

  • UB Straßburg 2, Nr. 447, S. 394-396.
  • Mentgen, Studien (1995), S. 135 und 469;
  • Weyl, Inscriptions (1974), S. 124;
  • GJ 2, 2, S. 801;
  • Ginsburger, Première communauté (1946), S. 83 f.;
  • Ephraim, Histoire (1925), S. 39;
  • Glaser, Geschichte 1 (1924), S. 24 und 51-53;
  • Ginsburger, Altertümer (1921), S. 128;
  • Stein, Geschichte (1920), S. 42 und 45;
  • Weiss, Geschichte (1896), S. 3.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2014

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 124, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-02d3.html (Datum des Zugriffs)

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