Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 202

1338 [Januar - März]

Der anonyme Autor der zu Beginn des 15. Jahrhunderts entstandenen ältesten deutschen Chronik von Colmar schreibt: 1338 belagerten 2000 Bauern (geburen) unter Führung der von ihnen zu Königen gewählten Emich und Zimberlin (1) Colmar und forderten die Herausgabe der Juden. Die buoben lagerten in einer Gasse vor dem Theintor. In einer Nacht bewaffneten sich alle Colmarer einschließlich der Juden (alle die von Colmer […] und oͧch die Juden) und zogen durch das Kerkertor aus der Stadt und erschlugen viele der Belagerer. Die beiden Könige (buoben-künige) und der Rest ihrer Gefolgschaft ergriffen daraufhin die Flucht. (2) Damit endete die Bedrohung. (3)

(1) Während Fritsche Closener neben Zimberlin (aus Andlau) einen Unbehouwen genannten Edelmann aus Dorlisheim, der mit Burggraf Johann von Dorlisheim identisch gewesen sein dürfte, als zweiten Anführer nennt, wird er in der vorliegenden Chronik ebenso wie bei Matthias von Neuenburg namentlich als Emich bezeichnet; vgl. EL01, Nr. 203. Möglicherweise handelt es sich bei dem Namen Emich um eine Anlehnung an einen der bekanntesten Anführer der antijüdischen Ausschreitungen währen des ersten Kreuzzugs, nämlich Emicho von Flonheim; zu diesem vgl. Möhring, Graf Emicho (1992). Das von Rathgeber edierte, auf einer Abschrift des späten 16. Jahrhunderts beruhende Fragment der ältesten deutschen Chronik von Colmar erwähnt ebenfalls Zimberlins Herkunft aus Andlau, bezeichnet den zweiten Anführer jedoch nicht als Emich, sondern in Anlehnung an Closener als aus Dorlisheim stammend, allerdings genannt 'am Hägenn'; vgl. Beiträge zur Geschichte des Elsasses, S. 463, auf Grundlage von Colmar, Bibliothèque Municipal, Ms. 540, fol. 31r-36v. Dieselbe Handschrift berichtet über die Entsetzung Colmars durch ein Straßburger Heer, bietet allerdings im folgenden Absatz die obige Erklärung.

(2) Sowohl die Nürnberger als auch die Colmarer Handschrift (Colmar, Bibliothèque Municipale, Ms. 563, fol. 1r-6v) der ältesten deutschen Chronik von Colmar berichten von einem Ausfall der Belagerten. Die in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s angefertigten und von Rathgeber edierten Auszüge Conrad Scheerers aus einem verlorenen Manuskript führen die Aufgabe der Belagerung auf die Nachricht von der Entsendung eines Entsatzheeres durch die Straßburger zurück; diese Passage findet sich fast wörtlich bei Fritsche Closener; vgl. EL01, Nr. 214. Nach Johannes von Winterthur habe das Armlederheer die Stadt zweimal belagert, ehe die Anführer die Aussichtslosigkeit ihres Unternehmens erkannt hatten; vgl. EL01, Nr. 204.

(3) Nach Johannes von Winterthur erfolgte noch eine zweite Belagerung (siehe Anm. 2).

Überlieferung:

Nürnberg, StA, Hs. Reichsstadt Nürnberg, Nr. 13, fol. 15r/v, Abschr. (15. Jh.), dt., Papier; zur weiteren handschriftlichen Überlieferung vgl. Kleinschmidt, Colmarer Chronik (1978), S. 1294 f.

  • Älteste deutsche Chronik von Colmar, S. 9;
  • Aus einer untergegangenen elsässischen Chronik, S. 463;
  • Kurze Colmarer Chronik, S. 229.
  • Haeberli, Skepsis (2009), S. 228;
  • Mentgen, Studien (1995), S. 186 f. und 357 f.;
  • Bork, Politik (1982), S. 44;
  • Arnold, Armledererhebung (1974), S. 38 f.;
  • Hoyer, Armlederbewegung (1965), S. 79 f.;
  • Ginsburger, Juden in Rufach (1906), S. 23 f.;
  • Leupold, Berthold (1882), S. 44.

Kommentar:

Zur ältesten deutschen Colmarer Chronik vgl. WB01, Nr. 525.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 202, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-01si.html (Datum des Zugriffs)

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