Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 252

1340 Juli 2, Eltville

Der Straßburger Jude Aaron, Davids Sohn, bekennt sich urkundlich zu seinem [am Vortag geschlossenen] Abkommen mit Erzbischof Heinrich [III.] von Mainz, dem Domdekan Johann und dem Mainzer Domkapitel über seine Schuld[forderung]en. In der anschließend zur Gänze inserierten diesbezüglichen Urkunde erklärt der Erzbischof für sich und das Mainzer Kapitel, sich mit Aaron und seinen Erben hinsichtlich der ihm bzw. ihnen geschuldeten Summen wie folgt geeinigt zu haben: 1. Die Juden besitzen einen von Erzbischof Balduin von Trier, dem Mainzer Domkapitel und mehreren kurmainzischen und speyrischen Städten sowie Herren, Rittern und Knechten besiegelten Schuldbrief über 7.500 Pfund [Heller] und einen vom Mainzer Erzbischof besiegelten Schuldbrief über 24.000 Pfund [Heller]. 10.000 Pfund werden Aaron und seinen Erben, 800 Pfund seinem Bruder Vogelin geschuldet. 2. Die 10.800 Pfund sollen in den nächsten fünf Jahren jeweils zu Michaeli in fünf Raten à 2.160 Pfund erstattet werden. 3. Zu ihrer Sicherheit erhalten Aaron oder seine Erben 26 Heller am Zoll zu Ehrenfels zugesprochen, die in einer besonderen Kiste gesammelt werden. Das, was an jedem Michaelstag noch an den 2.160 Pfund fehlt, wird der Erzbischof aus anderen Quellen bezahlen. 4. Fehlt Aaron oder seinen Erben nach der Fünf-Jahres-Frist noch etwas an dem Betrag von 10.800 Pfund, dürfen sie entsprechend länger über die Zolleinnahmen verfügen. 5. Die Juden dürfen ihren Zollgehilfen frei bestimmen. 6. Wenn Aaron oder seinen Erben an den einzelnen Michaeli-Terminen noch geschuldetes Geld fehlt, dürfen sie gemäß den Bestimmungen in ihren Schuldbriefen vom Domkapitel die Bürgen und Schuldner wegen des Hauptguts und des Schadens mahnen und in Haftung nehmen. 7. Zu Eltville besiegeln diese Urkunde Erzbischof Heinrich, der Domdekan Johann und Heinrichs Bruder Johann, Propst zu Xanten. Aaron erklärt am Tage nach Ausstellung dieses Dokuments zusätzlich, dass er mit den anderen jüdischen Gläubigern des Erzbischofs aus Straßburg (Bela, Heidege, Vivelin, Aran, Lea, Meier, Suze und ihrem Sohn Mannekind), die in den erwähnten Schuldbriefen genannt sind, dahingehend verhandeln soll, dass der Erzbischof und das Kapitel von Mainz ihnen nur 10.200 Pfund Haller zur Begleichung all ihrer Forderungen bezahlen müssen. Kann Aaron dies erreichen, bleibt die urkundliche Übereinkunft mit dem Erzbischof in Kraft. Andernfalls sind die neuen Abmachungen als nichtig zu betrachten, und sowohl Aaron und seine Erben als auch der Erzbischof und das Kapitel halten sich einvernehmlich wieder an die alten Schuldbriefe und Rechte.

Ich, Aaron, ein iude zu Strazburg, bekennen uffelich an disem briͤve, daz ich mit dem erwirden in gote, vader und herren, hern Heinrich erzebyschofe zu Mentze, dem erbern manne Iohan, dem dechan, und dem gemeinen capitil des stiftes zu Mentze vor mich und alle min erben von aller miner schulde wegen ubir kuͦmen bin in aller der wis, also hie nah von worte zu worte geschriben stet. Wir, Heinrich, von gotis gnaden des heiligen stuls zu Mentze ertzeboschof, des heiligen Romischen riches in tutschen landen ertzkantzeler, tun kunt offeliche an disem brieve allen den, dy in sehent oder horent lesen, daz wir und unsir capitil zu Mentze ubir kumen sin mit Aaron, Davides sune, einem iuden zu Strazburg, und sinen erben von der schulde, die wir in schuldig sin von ersten der sùmen von siben tusent punden und funfhundert punden, da si einen brief ubir hant, der besigelt ist mit des erwirdegin in gote vatirs, herren Baldewins, ertzebischof zu Triͤre und unsers capitel ingesigel zu Mentze und mit unsirs stiftes und des stiftis von Spire etlichen steten ingesigel und mit anderer herren, rittern und knechten ingesigel, und von der andern summen vierundzwenzig tusent punden, dar ubir si auch unser briefᵉ hant mit unsirm ingesigel besigelt schuldig sin zehen tusent punt von des egenanten Aarans unde siner erben wegen und achthundert punt von Vogelins wegen, sins bruͤder. Und wir sullen in die egenanten zehen tusent und achthundert punt gelden und bezalen in funf iaren nehst komen, iedes iars uff sante Michels tag zweitusent puͦnt hundert punt und sehzig punt haller guter werunge. Und des zu einer merer sicherheit, so han wir Aaron vorgenant oder sinen erben, ob er niht inwere ingesetzet und setzen in mit disem genwortigen briefᵉ in unsern zol zu Erenvels an sezundzwenzig haller, und die sal man besunder in eine kisten legen, da ir bede einen slussel zu habe also, daz der selbe Aaron oder sin erben die selben sezundzwenzig haller dise funf iar in nemen sollen alle iar biz uff zwetusent hundert und sezzig punt haller. Und was in iedes iars uff sante Michels tag von der summen briͤst, daz sullen wir in ervollen und geben von andern unsern guton [!] ane geverde. Wer ouch, daz wir oder unsir stift dem vorgenanten Aaron oder sinen erben die egenanten zehen tusent, aht hundert punt niht bezalt worden uff ie die zil, als da vor geschriben stet, so sollen wir im oder sinen erben in die vorgenanten sezundzwenzig haller lazzen sitzen geruͦtlichen, als lang biz in die vorgenanten summe geldis bezalt wird gantz und gar. Wan auch der vorgenante oder sin erben dar zu setzen oder bevelhent, die sezundzwenzig haller in zu nemen von dem egenanten zolle, dem selben sollen wir si lazzen vallen, reichen und antwurteͦ [!], wer dann unser zolner ist, on der iuden brest und schaden in alle die wys, als auch an dem vorgenanten capitels briefᵉ beschriben ist, wie man in ir schuld antworten und geben sal. Und sullen wir nah nieman von unser wegen si dar an niht irren noch schaffen zu irren in keinen weg, an alle geverd. Unde was in breste zu iedem zil von den vorgenanten summen ieriklich, als vor geschriben stat, so mag der vorgenante Aaron oder sin erbin ir burgen und schuldener umb schaden und houbgut manen und an sprechen in aller wys, mit allen penen und dingen, als ir alde briefe sprechent, die si hant von dem capitil. Zu urkunde der vorgenanten dinge, so han wir unser ingesigel an disen brief gehangen und han auch gebeden Iohan, dem [!] tumdechan, und Iohan, unsern bruder, probst zu Xanten, daz si ir ingesigel an disen briͤf gehangen hant, daz der vorgenante Aaron oder sin erben des do bas getrostet sin der vorgenanten dingen. Und wir, Iohan, dumdechan, und Iohan, probst zu Xanten, han nach unsirs heren, hern Heinrichs, ertzbischoff zu Mentze, ingesigil unser ingesigil an disen brief gehangen, der geben ist zu Eltevil, do man zalte nah gods geburte druzehenhundert und vierzig iar, an dem samstage nah sante Peters und Paulis tag.. Auch sal und wil ich mit Belen, Bendetz witdauwe, Heidegen, Vivelin, gebrudern, Gotlibes sune, Aran, Ysacs sun, Lea, Vilers frauwen, Meier, Iacobs sun von Mulsheim, Suze, Lazarus wirten, und Mannekint, irm suͦn, iuden zu Strazburg, dedingen und ubir komen sal umme alle schult, die in der vorgenante her Heinrich, ertzebischof zu Mentze, und sin capitil schuldig sint, des si des erwirdegen herren, hern Baldewins, ertzebischof zu Triͤre, und des vorgenanten capitils und ander herren ritter und knechte besigelte briefe hant, also dan die vorgenanten iuden in gnugen sullen lazzen an zihendusent punden und zweinhundert phuͦnden hallern vor al ir schult, die in der vorgenante, min herre von Mentze, und daz gemeine capitil schuldig sint. Ist iz, daz ich mit den vorgenanten iuden ubir kuͦmen, als da vor geschriben stet, so sal ich den brief, der da vorgeschriben stet, behalden und sal min dedinge stede bliben. Wer abir, daz ich mit den egenanten iuden nit ubir ein queme umme die zihendusent und zweihùdert [!] punt haller, als da e geschriben ist, so in sal ich mich oder min erbin sich mit den brieven, die da obin geschriben sint, nit behelfen und si sullen dot sin und min dedinge sal niht sin, iz in si uns danne lieb uff beden siten. Und sal min vorgenant herre von Mentze und sin capitil, ich und min erben bliben bi allen unsern alden brieven und rechten als vor und wir kein dedinge gehabit hetten ane argelist. Zu urkunde dirre vorgenanten dingen sa han ich, Aaron vorgenant, min ingesigel (1) an diesen brief gehangon [!], der gegebin ist zu Eltevil, do man zalte nach gods geburte druzehenhuͦdert [!] iar und vierzig iar, an dem suntage nach sante Peters und Paulis tage.

[Am rechten unteren Ende des Pergaments befinden sich drei Zeilen in hebräischer Schrift:]

אני מודה שנצרתי לזאת הפשרה כאשר כתוב למעלה בלז' ארמאי אהרן בן מורנו הרב ר' עזריאל זצמזל' ייי

(Ich bestätige, dass ich beachte diesen Vergleich, wie oben geschrieben steht in fremder römischer Sprache (2). Aaron, Sohn unseres Lehrers und Meisters [Morenu Harab] R. Azriel s.A.)

(1) Das Siegel ist unkenntlich.

(2) Das Wort ארמי (aramai) ist zu verstehen als "römisch". Gemeint ist hier die deutsche Sprache des mittelalterlichen Reichsgebietes, das infolge der Translatio imperii das alte Römische Reich beerbt hat; vgl. Levy, Wörterbuch 1 (1963), S. 168 f.

Überlieferung:

Würzburg, StA, Mainzer Urkunden 3853 (3852 als Insert enthalten), Orig., dt., Perg.

  • Nova Alamanniae 2, 1, Nr. 649 u. 650, S. 443-446.
  • REM 1, 2, Nr. 4542, S. 356.
  • Mentgen, Studien (1995), S. 466 f.;
  • Struck, Zoll (1989), S. 43;
  • GJ 2, 2, S. 799;
  • Ginsburger, Première communauté (1946), S. 79;
  • Uhl, Untersuchungen (1928), S. 131, Anm. 173;
  • Salfeld, Geschichte (1916), S. 150.

Kommentar:

Da der Text der Urkunde in der Edition in den NA in zwei Stücke aufgespalten wurde, erfolgt hier eine Neuedition.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 19.04.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 252, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-01bf.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

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