Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 226

1338 Dezember 4, [Straßburg]

[Stett-]Meister Berthold Swarber (Berhtolt Swarber) und der Rat von Straßburg (Strazburg) bekunden, dass die nachfolgend aufgezählten 'deutschen' (tùtschen) [Juden] (1), die zu Straßburg ansässig sind und hoͤrent zuͦ den tusent pfunden (2), [künftig] jeweils nur (nuwent) die nachfolgend [individuell] festgeschriebene [Steuer-]Summe bezahlen sollen und man ihnen zugesichert (in gelopt unde sie getroͤste) hat, bis zur nächsten Martinsnacht [weiterer Abgabenpflichten] ledig zu sein. Die in der Folge benamten Juden sollen [diese Steuern], solange sie in Straßburg sesshaft sind, ab der kommenden Martinsnacht (10. November 1339) die nächsten fünf Jahre über jeweils zu diesem Termin entrichten. Falls (3) einer von ihnen innerhalb dieses Zeitraums (bis zum 10. November 1344) aus der Stadt wegzieht, erhält diese die nachfolgend für ihn festgelegte Summe Pfennige weniger [an Steuern], und die [Vertrags-]Urkunde gilt dann für ihn nicht mehr. Will hingegen ein Jude in Straßburg neu ansässig werden, erhöht sich die [Steuer-]Summe um den Betrag, den er [jährlich] geben wird. Bis zu dem genannten Termin [10. November 1344] geniessen die Juden Schutz vor verschiedenen [Zwangs-]Anleihen und Forderungen [seitens der Stadt] in Bezug auf den Auszug [des städtischen Militäraufgebots] (4), die Konstofeln und, wenn sie [in der Vergangenheit] mehr als zwei Pfennige pro Woche an Zinsen [für Darlehen] verlangt haben, vor Gerichtsverfahren (rehtvertigunge) sowie vor allen Geboten, die man im Stadtbuch in judenrechtlicher Hinsicht findet, es sei denn, jemand verklagt sie [künftig wieder], mehr als zwei Pfennige pro Pfund und Woche genommen zu haben. Auch allerhande dienste der Juden sind damit abgegolten, nicht jedoch die 60 Mark Silber, die die Juden jedes [Jahr] den Römischen Kaisern und Königen an Steuer bezahlen, und die 12 Mark Silber, die sie jedes [Jahr] dem Bischof von Straßburg geben. Wenn die Juden die nachfolgend festgelegten Steuern in jedem der fünf Jahre bezahlen, sind sie ihrer oben aufgezählten Leistungspflichten ledig. Meister und Rat haben sich indes ausbedungen, über die Juden im Falle von Unfug- oder Unzuchts-Delikten weiterhin nach Stadtrecht und Gewohnheit zu richten, was nicht in den Bereich der von vorliegender Urkunde geregelten Angelegenheiten fällt. Dies haben [Meister und Rat] für sich und ihre Stadt einzuhalten beschworen, was sie gemäß ihrem Eid auch jedem neuen Rat einzuhalten befehlen müssen. Folgende Juden zahlen folgende Summen: Iecklin unde Mannekint, der Selmelerin Söhne: 102,5 Pfund (Pfennige); Júdelin, ir swager: 15 Pfund; Vogel, ir swager, unde sine kint: 21 Pfund, 5 Schillinge; Goͤye unde ir kint: 11 Pfund; Syblin unde sine kint: 15 Pfund, 5 Unzen; Lenit von Offenburg unde sin kint: 11 Pfund, 1 Unze; Moͤsselin von Zabern unde sine kint: 18,5 Pfund; Gumpreht von Offenburg und sine kint: 5,5 Pfund, 28 Pfennige; Samuel von Morsmúnster (5) unde sin kint: 9 Pfund; Abraham von Westhoven (6): 5,5 Pfund, 28 Pfennige; Suͤskint, siner dohterman, unde sin kint: 5 Pfund, 5 Schillinge; Ester von Hagenowe: 7 Pfund; Meiger Enselin: 6,5 Pfund; Dyrel: 7,5 Pfund; Richentze, Buͤnomes dohter: 5,5 Pfund. (7)

Ankündigung des Stadtsiegels.

[…] geben an dem ersten fridage nach sant Andres dage dez zwelfbotten in dem iare, do man zalt von gotes gebúrte drúzehenhundert iare unde ehtuwe unde driszig iare.

Es folgen die Namen der anwesenden städtischen Repräsentanten: von Ritter Berthold Swarber und Rudolf Judenbreter, den beiden [Stett-]Meistern, von Ammannmeister Burkhard Twinger sowie von Ratsmitgliedern und Zunftvertretern.

(1) Das sinngemäß zu ergänzende Wort 'Juden' ist wegen eines Lochs im Pergament nicht mehr zu lesen.

(2) Mit den 1.000 Pfund (Pfennigen) kann die bis dahin - völlig ungewiss ist allerdings, seit wann dies der Fall war - von der Straßburger Judengemeinde insgesamt an die Stadt zu entrichtende Jahressteuer gemeint gewesen sein oder der Betrag, den ein noch größerer Kreis 'deutscher' Juden, als von vorliegendem Abkommen erfasst, pro Jahr zu zahlen hatte. Auch die Möglichkeit, dass mit den in der Urkunde genannten Juden zuletzt eine Steuer in Höhe von 1.000 Pfund Pfenningen für einen Fünf-Jahres-Zeitraum vereinbart worden war, kann nicht ausgeschlossen werden. Darüber, warum die Umlage der Steuersumme auf die einzelnen Haushaltsvorstände nun nicht länger eine rein innerjüdische Angelegenheit bleiben sollte, ist ebensowenig eine sichere Aussage möglich.

(3) Auch an dieser Stelle befindet sich ein Loch im Pergament. Vermutlich standen dort die Worte were ez (es).

(4) Damit dürfte die Verpflichtung der Juden zur Lieferung des Banners für den städtischen Fahnenwagen gemeint gewesen sein; vgl. dazu Mentgen, Studien (1995), S. 125.

(5) Maursmünster (Marmoutier) im Unterelsass.

(6) Westhofen (Westhoffen) im Unterelsass.

(7) Die Addition dieser Beträge ergibt 245,5 Pfund, 13 Schillinge, 56 Pfennige und 6 Unzen. Rechnet man die Unze zu 20 Pfennigen, wären es 246 Pfund, 17 Schillinge und 8 Pfennige.

Überlieferung:

Strasbourg, AM, CH 1058, Orig., dt., Perg.

  • UB Straßburg 5, Nr. 88, S. 94 f.;
  • Strobel, Geschichte 2 (1851), S. 225, Anm. 6 bis S. 228.
  • Haverkamp, Ebrei in Italia (2010), S. 91;
  • Haverkamp, Juden zwischen Romania (2007), S. 60;
  • Fahrner, Landfrieden (2006), S. 209;
  • Mentgen, Studien (1995), S. 83 f. und 131 f.;
  • Haverkamp, Tod (1977), S. 82;
  • GJ 2, 1, S. 205; GJ 2, 2, S. 799 f.;
  • Ginsburger, Première communauté (1946), S. 73;
  • Fischer, Stellung (1931), S. 160 f.;
  • Ephraim, Histoire (1925), S. 31;
  • Ginsburger, Namen (1924), S. 238;
  • Glaser, Geschichte 1 (1924), S. 63-65 (mit unvollst. Edition aus dem UB Straßburg);
  • Caro, Sozialgeschichte 2 (1920), S. 179;
  • Rösel, Reichssteuern (1910), S. 31, 68, Anm. 1, und 69;
  • Glaser, Geschichte (1894), S. 11;
  • Scheid, Histoire (1887), S. 17 f.;
  • Hegel, Recht (1871), S. 976 f.;
  • Strobel, Geschichte 2 (1842), S. 225.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 05.05.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 226, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-01a5.html (Datum des Zugriffs)

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