Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 216

1338 Mai 19, Colmar

Berthold (Berhtold) [II.], Bischof zu Straßburg, Graf Albrecht (Albreht) von Hohenberg, Landvogt im Elsass, Johann [I.] von Hallwyl (Iohans von Hallewilr), Landvogt (pfleger) der Herzöge von Österreich im Sundgau, Ritter Johann Ulrich vom Hus, Vogt zu Ensisheim (Ensishein), Konrad Werner (Cuͦnrat Wernher), Abt zu Murbach, Johann von Rappoltstein (Iohans von Rapolzszein), Herr in der oberen Stadt [Rappoltsweiler], Johann und Anselm, Herren von der [Burg] Hoh-Rappoltstein (von der hohen Rapolzstein), sowie die Meister, Räte und Bürger der Städte Straßburg (Strasburg), Colmar (Kolmer), Hagenau (Hagenowe), Schlettstadt (Schletstat), [Ober-]Ehnheim (Ehenhein), Rosheim (Roshein), Mülhausen (Mûlnhusen), Kaysersberg (Keisersberg), Türckheim (Tûrenkein), Münster (Mûnster), Breisach (Brisach)und Neuenburg (Nûwenburg) [am Rhein] bekunden, dass sie sich [zur Förderung] von des landes nutz, fride unde notdurft gemeinsam zur Einhaltung folgender Bestimmungen eidlich verpflichtet haben: 1. Geschieht künftig irgendein Aufruhr (ufloͧf) im Lande von Armleders oder seiner Helfer wegen (von Arnleders wegen oder siner helfer) gegen die Juden, sollen die Bündnismitglieder (herren oder stat), die am unmittelbarsten davon betroffen sind, denselben sobald wie möglich bekämpfen (die soͤnt es weren mit der hant). Drohen sie dabei zu unterliegen, sollen sie die übrigen Herren und Städte zur Hilfe ermahnen, die diese gemäß ihrem Eid unverzüglich zu leisten haben. 2. Kommt es in einer Stadt [des Bündnisses] wegen der Juden zu Streit oder Aufruhr, gilt dort, was die Mehrheit des Stadtrats beschließt (wes denne der mêre teil des rates in der stat ùber ein kemint, da der ufloͧf geschehen were, das sol fùrgang han), und kein anderes Bündnismitglied darf jemanden als Bürger aufnehmen, der wegen des Aufruhrs aus jener Stadt ausgewiesen wurde. Sollte sich die Mehrheit des Stadtrats nicht durchsetzen können, sind die übrigen Bündnismitglieder eidlich verpflichtet, die Mehrheit in jener Stadt, als balde sie es bevindent, gegen die Opposition zu unterstützen. Das selbe [Prinzip] soll gelten, wenn [keine Städte, sondern] Herren betroffen sind. 3. Fünfzehn [Personen], die an den ersten [Un-]Taten gegen die Juden schuld waren (fûnfzehen […], die an der ersten getête schuldig sint von der iuden wegen), werden von den Bündnismitgliedern an jedem möglichen Ort an Leib und Gut angegriffen und gepfändet. Herren oder Städte, unter bzw. in denen die Fünfzehn wohnen, sollen aufgefordert werden, sie nicht länger bei sich zu dulden, sonst würden die Bündnismitglieder auch gegen sie vorgehen wie gegen die Fünfzehn selbst. 4. Sollte ein Adliger, ein Ministeriale, ein Ritter oder ein Edelknecht (dehein herre, dienstman, ritter oder kneht) herausfinden, dass jemand von seinen Hintersassen ebenfalls in dieser Sache Schuld auf sich geladen hat, darf er [den Täter] deshalb vor Gericht bringen, als [sinen] eren wol anstat ze tuͦnde, ohne sich dadurch ins Unrecht zu setzen. Dasselbe gilt für die vorgenannten Städte und ihre Bürger. 5. Die Bündnismitglieder müssen sich gegenseitig im Hinblick auf die ersten Verbrechen ausschließlich dann helfen, wenn es gegen die erwähnten Fünfzehn geht. 6. Sollte künftig in der Zeit bis Mariä Geburt (ùnserre frowen mes der iungeren, so nehst kumt) [8. September 1338] und von da an innerhalb der nächsten beiden Jahre auf dem Lande oder in den vorgenannten Städten wegen der Juden [wieder] Aufruhr (ufloͧf) entstehen, sind die Bündnismtiglieder eidlich verpflichtet, sich gegenseitig zu Hilfe zu kommen, bis ein Rechtsverfahren den Aufstand beendet hat (untz das sin ein ustrag wirt gemacht unde verriht). 7. Den Bündnisparteien steht es frei, weitere Herren oder Städte in ihren Zusammenschluss aufzunehmen. 8. Die Bündnismitglieder haben durch Eide zu den Heiligen die Befolgung dieser Bestimmungen gelobt.

Siegelankündigung der einzelnen Bündnismitglieder.

[…] geben ze Kolmer, an dem nehsten zinstage vor ùnsers herren gottes uffart, nach siner gebùrte drizehen hundert iar unde in dem ahtoden unde drissigosten iare.

Überlieferung:

Strasbourg, AM, CH 1048, Orig., dt., Perg.

  • UB Straßburg 5, Nr. 79, S. 87 f.;
  • Rappoltsteinisches Urkundenbuch 1, Nr. 497, S. 370-372;
  • Monumenta Hohenbergica, Nr. 391, S. 339 f.
  • Regesten zur Geschichte der Juden in Deutschland, Nr. 178, S. 50;
  • RI (alt) 1314-1347, Nr. 112, S. 245;
  • Regesta chronologico-diplomatica 2, Nr. 43, Sp. 442.
  • Fahrner, Landfrieden (2007), S. 392;
  • Mentgen, Studien (1995), S. 360, Anm. 86;
  • Bork, Politik (1982), S. 52 f.;
  • Bischoff, Recherches (1975), S. 48 f.;
  • Ginsburger, Première communauté (1946), S. 86 (zu 1339);
  • Ginsburger, Première communauté (1938), S. 69;
  • Ephraim, Histoire (1925), S. 13 und 43;
  • Glaser, Geschichte 1 (1924), S. 63;
  • Caro, Sozialgeschichte 2 (1920), S. 203 (zu 1339);
  • Müller, Landstände (1907), S. 18 f.;
  • Weiss, Geschichte (1896), S. 8 (zu Mai 17);
  • Scheid, Histoire (1887), S. 27 f. (zu Mai 17);
  • Wiener, Geschichte (1866), S. 91;
  • Strobel, Geschichte 2 (1842), S. 224 f.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2014

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 216, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-019m.html (Datum des Zugriffs)

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