Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 71

1308 November 28, Frankfurt a. M.

Der zum König der Römer erwählte (in Romanorum regem electus) Heinrich [VII.] bekundet, dass er es angesichts des lobenswerten Eifers seines geliebten Fürsten Johann, des Bischofs der Straßburger Kirche, für ihn und das Römische Reich und der willkommenen Dienste dieser Kirche als angemessen erachtet hat, letztere durch ein besonderes Privileg auszuzeichnen und durch Schenkungen zu ehren. Um des Friedens und der Ruhe der Straßburger Kirche und ihrer Vorsteher willen und um einen schon lange bestehenden möglichen Streitgrund zu beseitigen, hat er daher mit Rat und Zustimmung der Kurfürsten (principum nostrorum, ad quos ius eligendi regem promovendum in imperatorem pertinet) seitens des Römisches Reiches einen auf ewig geltenden Gütertausch mit seinem Fürsten, dem in Namen seiner Kirche und im Konsens mit dem [Dom-]Kapitel handelnden Bischof Johann, vorgenommen: Im einzelnen schenkt der Elekt im Rahmen des Tauschs die Stadt bzw. das Dorf Molsheim (opidum sive villam Mollesheim) und die Dörfer Mutzig, Hermolsheim und Wege (Mutziche, Hermoltzheim et Wege) im Bistum Straßburg sowie die Burg Nimburg (castrum Nunburg) im Breisgau bei Eichstetten im Bistum Konstanz mit allen dem Römischen Reich und ihm zugehörenden Rechten Bischof Johann für die Straßburger Kirche, die im Gegenzug auf die Stadt Mülhausen (Mulnhusen) im Bistum Basel und die Hälfte des Dorfes Wasselnheim bei Kronenburg (Cronenberg) im Bistum Straßburg samt allen Rechten daran verzichtet, ausgenommen das Kirchenpatronat in Wasselnheim als bis dato ausgeübtes Reservatrecht der Straßburger Kirche. Zum Trost für ihre großen im Reichsdienst erlittenen Schäden und als Ansporn für künftige Dienste der Prälaten der Straßburger Kirche schenkt Heinrich dieser mit Zustimmung der genannten [Kur]fürsten darüber hinaus alle Juden beiderlei Geschlechts, die jetzt oder zukünftig in den Städten Rheinau und Molsheim im Bistum Straßburg und Rufach und Sulz im Bistum Basel wohnen (omnes utriusque sexus iudeos opidorum Rynowe et Mollesheim, Argentinensis dyocesis, ac Rubiaci et Sultz, Basiliensis dyocesis, incolas presentes et futuros), zu ewigem Besitz, auf dass sie der Straßburger Kirche dienen und mit vollem Recht zu ihr gehören. Er will ferner zugunsten der Straßburger Kirche dafür sorgen, dass es künftig den Vorstehern von Städten oder Burgorten oder welchen Gemeinden oder Gemeinschaften auch immer verboten ist, Leute oder Ministerialen der Straßburger Kirche oder Einwohner ihrer Herrschaft unterstehender Städte, Dörfer oder Burgen, auf welcher Rechtsgrundlage auch immer, als Bürger bzw. Pfahlbürger aufzunehmen. Vielmehr müssen sie, um als Bürger zu gelten, in jenen Orten so wie wirkliche Bürger dauerhaft ansässig sein.

Ankündigung des Siegels der Grafschaft Luxemburg.

Zeugen sind folgende Fürsten: Erzbischof Heinrich [II.] von Köln, Erzbischof Peter von Mainz, Erzbischof Balduin von Trier, die Pfalzgrafen bei Rhein und Herzöge von Bayern Rudolf [I.] und Ludwig [(IV.)], Markgraf Woldemar von Brandenburg, Herzog Rudolf von Sachsen und Abt Heinrich von Fulda, zudem Graf Berthold von Henneberg (noster fidelis).

IIII kalendas decembris, anno domini millesimo trecentesimo octavo. (1)

(1) Vgl. ###EL-c1-0026###.

Überlieferung:

Strasbourg, AD Bas-Rhin, G 1115, Abschriften aus der Straßburger Bischofskanzlei (16. Jh.) von Transsumpten Kg. Friedrichs des Schönen und Kg. Karls IV. vom 24. März 1315 resp. 25. Oktober 1354 [Strasbourg, AD, G 1115 enthält ferner Abschriften (16. Jh.) von fünf zustimmenden kurfürstlichen Willebriefen desselben Ausstellungsdatums. Das Exemplar des Markgrafen Woldemar von Brandenburg ist darüber hinaus auch im Original erhalten (Strasbourg, AD, G 115/9; Druck: MGH Const. 4, 1, Nr. 263b, S. 233; Regest: Regesten der Markgrafen von Brandenburg, Nr. 2094, S. 572], lat., Papier.

  • MGH Const. 4, 1, Nr. 263a, S. 231-233 (nach Edition in Alsatia diplomatica 2, korrigiert aufgrund von Strasbourg, G 1115);
  • Urkunden und Regesten der Stadt Rufach 1, Nr. 176, S. 82 f. (Edition nur des judengeschichtlich relevanten Abschnitts, nach Alsatia diplomatica 2);
  • Alsatia diplomatica 2, Nr. 842, S. 87 f. (aus verlorenem Straßburger Pergament-Chartular des 14. Jh.).
  • RI 6, 4, 1, Nr. 5, S. 73-75 (vgl. ebd. Nr. 24, S. 89 f., zu 1309 Januar 15);
  • REM 1, 1, Nr. 1231, S. 216;
  • REK 4, Nr. 414, S. 84 f.;
  • Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1, Nr. 1599, S. 95, und Nr. 1831, S. 110;
  • Cartulaire de Mulhouse 1, Nr. 139, S. 107;
  • Regesten zur Geschichte der Juden in Deutschland, Nr. 130, S. 21;
  • RI (alt) 1246-1313, Nr. 4, S. 258.
  • Metz, Essai, Tl. 2 (2008), S. 139 f. und 156;
  • Mentgen, Studien (1995), S. 35 und 350;
  • Oswald, Molsheim (1994), S. 209;
  • GJ 2, 1, S. 205; GJ 2, 2, S. 545, 696, 723 und 811;
  • Rochette, Condition (1938), S. 22;
  • Ephraim, Histoire (1925), S. 9 und 13;
  • Glaser, Geschichte 1 (1924), S. 58, Anm. 125;
  • Caro, Sozialgeschichte 2 (1920), S. 130;
  • Ginsburger, Juden in Rufach (1906), S. 7 f.;
  • Weiss, Geschichte (1896), S. 6 f.;
  • Scheid, Histoire (1887), S. 11;
  • Schoepflin, Alsatia illustrata 2 (1761), S. 81, § 126 (i).

Kommentar:

Die von Heinrich VII. als Elekt ausgestellte Urkunde weicht in Inhalt und Wortlaut von dem vom ihm am 15. Januar 1309 in Köln in derselben Angelegenheit ausgefertigten Königsdiplom ab (überliefert als Papierabschrift aus der Straßburger Bischofskanzlei, 16. Jh., in Strasbourg, AD, G 1115). Im Gegensatz zu den anderen Verfügungen werden die Juden darin nicht mehr erwähnt. Ebensowenig ist dies in einer im Original erhaltenen Bestätigungsurkunde König Friedrichs des Schönen vom 24. März 1315 (Strasbourg, AD, G 84) der Fall, die sonst allerdings nicht genau mit dem Privileg vom 15. Januar 1309 übereinstimmt und daher wohl auf eine andere Urkunde Heinrichs VII. als Vorlage zurückgeht; vgl. dazu ausführlich RI 6, 4, 1, S. 73-75.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 03.09.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 71, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-00t1.html (Datum des Zugriffs)

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