Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Worms (1273-1347)

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Bm. Worms 1, Nr. 203

1319 September 11, Worms

Grabstein der betagten Frau Jente (1) (הזקינה מרת יינטא) (2), Tochter des Herrn Urschrago (Urschrage) haKohen (ר' אור'שרגא הכהן), begraben am Donnerstag, dem 26. (3) Elul, [im Jahre] 79 im sechsten Jahrtausend (ביום ה' כ'ו' האלוך ע'ט' לאלף הששי).

(1) Epidat Worms, Nr. 547, ediert גינטא[?], überträgt 'Ginta(?)“ und kommentiert: '[…] Name der Frau […] innerhalb der Inschrift (Zeile 6) vermutlich Ginta?'. Nach den bei Epidat präsentierten Fotografien handelt es sich bei dem ersten Buchstaben des Namens mit Sicherheit um ein 'Jud', von dem ein Kratzer nach unten führt, so dass Epidat wohl unter Berücksichtigung von vermeintlichen Spuren im 'Fußbereich' zu der irrigen Deutung 'Gimel' gelangt ist. Ein jüdischer Frauenname *Ginta ist nicht bekannt (vgl. z. B. Beider, Dictionary [2001], Register), dagegen die Variationsform Jente belegt (vgl. zu dieser und weiteren Variationsformen und ihrer Verbreitung z. B. Beider, Dictionary [2001], 'Yentl', S. 596 f.; Martyrologium Nürnberger Memorbuch, 'Jenta', S. 399). Wiesner (Alter jüdischer Friedhof [Worms], Nr. 953 (206)) las יעטא. Eine solche Schreibung ist bei Beider, Dictionary [2001], Register, nicht erfasst und wäre wohl erst seit der Neuzeit zu erwarten (vgl. Beider, Dictionary [2001], 'Yudes', hier: 'Yete', S. 602 f.).

(2) Kopfzeile, oberer Rand:רת תירצא הזקינה מ ('Frau Tirze, die Betagte'). Zum Namen Tirza, seinen Varianten und seiner Verbreitung vgl. Beider, Dictionary [2001], Tirtse, S. 581. Bemerkenswerterweise wird bei diesem Grabstein - anders als bei anderen Wormser jüdischen Epitaphen dieser Epoche - der kultisch-offizielle Name der Verstorbenen, der in der Bibel in der Form hebr. תרצה ('Tirza') belegt ist (vgl. Numeri 26,33; 27,1; 36,11; Josua 17,3), in der Kopfzeile angeführt, während der Alltagsname, hier sprachlich romanischer Herkunft, innerhalb der Inschrift erwähnt wird.

(3) 1319 September 11. Nach den bei Epidat Worms, Nr. 547, präsentierten Fotografien ergibt sich eine Lösung für die (vermeintliche) Kalenderunstimmigkeit: Die Monatstagsbuchstaben stehen am Ende der Schreibfläche der betreffenden Zeile und könnten evtl. bis an/in die Innenseite des Rahmens graviert worden sein; vgl. dazu Fuchs-Maul, Gestaltung (2013), S. 162 f. und 165). Setzt man statt כ׳׳ו als 26 nun כ׳׳ח als 28 an, so enspräche dies der Kalendersystematik: 'Tag 5' = Donnerstag, 28. Elul 5079 = Donnerstag, 13. September 1319.

Überlieferung:

Worms, Jüdischer Friedhof, Nr. 547, Orig.; http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=wrm-547 (Abbildung), hebr., Stein.

  • Epidat Worms, Nr. 547 [letzter Zugriff: 13.10.2017];
  • Alter Jüdischer Friedhof [Worms], Älterer Teil, bearb. v. Christa Wiesner, Typoskript Worms 1994 (StadtA Worms, Abt. 217), Nr. 953 (206) [fehlerhaft]
  • Die Epitaphien des alten israelitischen Friedhofes zu Worms, Bd. 1, hg. v. Julius Goldschmidt, Ms., Worms 1901 (Worms, StadtA, Abt. 203, Nr. 2), Nr. 206.

(Klaus Cuno) / Letzte Bearbeitung: 17.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, WO01, Nr. 203, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WO01/WO-c1-003w.html (Datum des Zugriffs)

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