Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 134

1298 [April 20 - Ende November]

In der zwischen dem Ende der 1380er Jahre und 1394 entstandenen Chronica patriae heißt es zu den Rintfleischpogromen des Jahres 1298: Herzog Albrecht von Österreich wurde zu der Zeit in Frankfurt von sämtlichen Kurfürsten des Reiches zum Römischen König gewählt, als die Juden zu Rothenburg, Würzburg und Nürnberg im Frankenland sowie in Amberg (ze Rotenburg, ze Wirczpurg, ze Nüremberg in Franckenland und in Amberkch) erschlagen worden sind. Der Anführer der Leute wurde Rintfleisch genannt (Des povels fürer was Rintfleisch genennet). Nachdem Herzog Heinrich zum König gewählt worden war, hat er an den Christen Rache genommen, indem er den Aufrührern Leib und Gut nahm (Herczog Albrecht von Österreich, do er nu ward zu römischen chünig bestetet, rach er ser die Juden an den kristen. Er nam in leib und guͦt, die den auflauf hetten gemachet). Danach führt der Autor Beschwerde über die schlechten Ratgeber des Königs und folgert, dass die Ermordung Albrechts durch seinen Neffen wohl die Strafe Christi, dessen Feinde die Juden seien, für sein Fehlverhalten war (O, wer hat den argen rat dem edeln fürsten gegeben! Laider ich besorg, daz darumb Christus, des veinde die Juden sind, hat hincz im den pitterlichen tod verhenget, daz er von seinem aigen plut als jemmerleich ward getötet). Der Autor fordert die Christen ferner auf, die Juden nicht als Herren und Müßiggänger unter sich zu dulden, sondern sie als Knechte und Eigentum zu behandeln. Nach dem geschriebenen Recht seien Müßiggänger ohnehin aus den Städten zu vertreiben (Ich bechenn, daz die kristen halden mügen die Juden nicht als herren und müzzgeer, sunder als chnechte und aigen. Doch sind die Juden bey der christenhait alz ain maus in der taschen, alz ein slang in der schozz und ain fewr in dem geren, die iren wirten sicherlich scheden pringent. Es sagen die geschriben recht, daz man aus den steten all müzzgeer sol vertreiben).

Überlieferung:

Chicago, University Library, Ms. 978/978a, fol. 147r/v, Abschr. (1456), dt., Papier; zur weiteren handschriftlichen Überlieferung vgl. die Einleitung der Edition von Seemüller.

  • Österreichische Chronik von den 95 Herrschaften, S. 183 f.;
  • zu älteren Editionen vgl. ebd.
  • Lotter, Hostienfrevelvorwurf (1988), S. 558;
  • Lotter, Judenverfolgung (1988), S. 411 f., 416 und 419.

Kommentar:

Uiblein, Leopold von Wien (1985), ging noch davon aus, dass Leopold aus dem Wiener Augustiner-Eremiten-Konvent der Autor der Chronik gewesen sei. Dieser habe dort spätestens 1378 das Amt des Priors übernommen. Er habe an der 1384 gegründeten theologischen Fakultät Wien gelehrt und in seiner Eigenschaft als herzoglicher Hofkaplan Übersetzungen für Herzog Albrecht III. (1365-1395) angefertigt. Zu seinen zahlreichen Arbeiten habe auch die Chronica patriae oder Chronik des Landes Österreich gehört, die vom Editor Seemüller als 'Österreichische Chronik von den 95 Herrschaften' bezeichnet wurde. Nach der sagenhaften Beschreibung der angeblich 81 Herrschaften der österreichischen Frühgeschichte beruht die Darstellung ab den Babenbergern auf verlässlicheren Zeugen. Dagegen hat Knapp, Literatur (2004), S. 285-287, dargelegt, dass die von Uiblein Leopold von Wien zugewiesenen persönlichen Daten zwei verschiedene Personen betreffen und die Verfasserschaft der Chronik weiterhin offen bleiben muss, wenn auch eine Entstehung im Wiener Augustiner-Eremiten-Konvent naheliegend erscheint.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 134, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/WB-c1-00cg.html (Datum des Zugriffs)

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