Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 642

[zwischen 1343 und 1347]

In den zwischen 1343 und 1347 von der Rothenburger Stadtkanzlei angefertigten Aufzeichnung von verschiedenen weltlichen und geistlichen Gerichten des Bistums Würzburg sowie außerhalb des Bistums gelegenen, die in den Kompetenzbereich des Bistums wirkten, sind mehrere Gerichte genannt, die auch für Juden zuständig waren.

Unter den elf genannten weltlichen Gerichten waren das Würzburger Brückengericht und das Kitzinger Gericht explizit für Juden zuständig:

[1] Vor das Würzburger Brückengericht (daz geriht uff der brucken) wurden Adlige und Nichtadlige sowie Bürger aus dem gesamten Bistum geladen. Verhandelt wurden dort unter anderem Schuldangelegenheiten (Man clagt auch do selbs umb schulde und umb schaden…). Ein Jude musste wegen einer Schuld, die ein Christ bei ihm hatte, zusammen mit einem jüdischen Zeugen vor der Synagoge Zeugnis ablegen und mit einem Christen vor dem Brückengericht (Ez behabt auch ein jude uff einen christen sin schulde vil oder wenig mit eim juden zu im vor der schule und mit eim christen vor gerihte). Als Schultheißen sollten Bürger oder andere ehrbare Leute fungieren, als Schöffen Bauern um den umliegenden Dörfern. An das Gericht mussten pro Pfund erklagter Summe zwei Schilling, also 10% abgeführt werden (Man muz auch do geben ie von dem pfunde zwen schilling heller …) (fol. 22r).

[2] Vor das Kitzinger Zentgericht (daz geriht zu Kiczingen) wurden Geistliche, Ritter, Knechte, Bürger aus Reichs- und aus anderen Städten, aber auch arme Leute und Juden aus dem gesamten Bistum Würzburg (arm lüt und juden als wit daz bystum zu Wirczburg ist) geladen. Verhandelt wurden dort Besitz- und Schuldangelegenheiten, Straftaten und Eheangelegenheiten (Man claget auch do umb erb und eygin und schuld und varnd hab, umb untat, umb elich dink und umb ander sache). Als Zentgrafen und Schöffen fungierten Bauern aus den umliegenden Dörfern. An das Gericht mussten pro Pfund erklagter Summe zwei Schilling, also 10% abgeführt werden (… daz er den centgreven und den schöpfen muz teil geben von ieclichem pfunde besunder zwen schilling heller) (fol. 22v).

[3] Die dreizehn geistlichen Gerichte zu Würzburg fasst der Autor zusammen: Es handelt sich um das Offzialatsgericht (die rot tür) und zwölf den Erzpriestern unterstehende Gerichte (1), die allesamt zuständig waren für Adlige und Nichtadlige, für Frauen und Männer und für Juden innerhalb des Bistums Würzburg (… die alle rihten uber edel und unedel, uber fruwen und über man und uber juden, als weit das bystum reichet …). Der Autor merkt ausdrücklich an, dass Rothenburg und andere Reichsstädte sowie das Land durch die geistlichen Gerichte bedrückt worden sind und noch immer werden (… do van wir und ander des richs stete und daz lant swerlich in mangerley stücken beswert sin worden und nach beswert werden an sulchen sachen und stuken, die wir her noch beschriben geben) (fol. 24r).

[4] Unter den vier außerhalb des Bistums gelegenen weltlichen Gerichten mit Kompetenzen innerhalb des gesamten Bistums Würzburg war das Zentgericht der erzstiftisch-mainzischen Stadt Tauberbischofsheim (Byschofsheim) auch für Juden zuständig, daneben auch für Ritter, Knechte, Bürger der Reichsstädte, Bürger Würzburgs und Bürger anderer bischöflicher Städte (ritter oder kneht, burger uz des richs steten, juden und auch burger von Wirczburg und uz andern steten des byschofs, als wit daz bystum get zu Wirczburg, und auch uzwendig). Als Zentgrafen fungierten dort Edelknechte, als Schöffen Bauern. In Tauberbischofsheim bekam der Zentgraf als Entlohnung zwei Schilling pro erstrittenem Pfund; die Schöffen mussten gesondert entlohnt werden. Sie erhielten pro Streitfall vom Kläger 14 Schilling. (… den teil dovon, den centgreven vur ieclichem pfunde heller besunder II schilling heller, ez sey wenig oder vil noch der anzal. Ez muz auch der ancleger geben den schöpfen um ein ieclich sache, groz oder clein, dor umb er claget vor geriht, XIIII schilling pfennig) (fol. 24r).

(1) Eines pro Archidiakonatssprengel.

Überlieferung:

Rothenburg o. d. T., StadtA, B 3, fol. 22r-24v, Abschr. (um 1376), dt.

  • Quellen zur mittelalterlichen Geschichte der Zentgerichte in Franken, S. 40-48.
  • Dinklage, Beiträge (1952), S. 55-68.

Kommentar:

Die detaillierte Auflistung wurde im Auftrag der Stadt Rothenburg wahrscheinlich angelegt, um jurisdiktionelle Ansprüche konkurrierender Gerichte gegenüber dem Rothenburger Landgericht abzuwehren; vgl. auch Dinklage, Beiträge (1952), S. 67.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 642, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/WB-c1-00cf.html (Datum des Zugriffs)

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