Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 147

1298 [Juli 23/24]

Der dem Dominikanerorden angehörende Autor der Historiae memorabiles schreibt: Als die Würzburger Juden vom Metzger Rintfleisch (carnifex Rindflaisch) umgebracht wurden, wurde eine junge, hübsche Jüdin von ihren Nachbarn ergriffen und ihr das Leben versprochen, wenn sie zum christlichen Glauben übertrete. Die Stadtoberen (maiores civitatis) ließen sie zu sich kommen, sprachen teilnahmsvoll mit ihr und sagten, dass sie ihr materielle Dinge geben und sie von Steuern und Diensten befreien würden. Daraufhin erbat die Jüdin Aufschub bis zum folgenden Tag, was ihr auch gewährt wurde. Am nächsten Tag kehrte sie heiter gestimmt zurück und verkündete, dass sie ihre Kinder umgebracht und ihre Sachen verteilt habe. Nun übereigne sie ihnen ihren Körper, und sie sollten damit machen, was ihnen gefalle. Ferner sollten sie wissen, dass sie als geringschätzig erachtet habe, den Gott der Christen anzubeten, auf dem sie in ihren Sandalen unter der Fußsohle sieben Jahre lang mit Schimpf herumgetrampelt habe. Wenn sie nun glaubten, dass das der wahre Gott sei, hätte er sich doch rasch an der Armseligen gerächt. Die maiores civitatis antworteten, dass ihr Gott ein mildtätiger und barmherziger sei, der ihre freiwillige Konversion erwartete. Weil sie aber offenbar nicht konvertieren wolle, müssten sie ihn verdientermaßen an ihr rächen. Und sie übergaben sie dem herbeigerufenen Rintfleisch, durch dessen Knechte sie zum Ort der Bestrafung geführt wurde und dort freiwillig den Tod erlitten hat.

Überlieferung:

Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Ms. 704, fol. 204 r/v, Abschr. (Mitte 16. Jh.), lat., Papier; Sigmaringen, Fürstlich Hohenzollernsche Hofbibliothek, Cod. 64, fol. 187r/v (Abschr., Mitte 16. Jh.).

  • Rudolf von Schlettstadt, Historiae memorabiles, Nr. 11, S. 58.
  • Grabmayer, Diesseits (1999), S. 269;
  • Grabmayer, Rudolf (1994), S. 325 f.;

Kommentar:

Zu den fälschlich Rudolf von Schlettstadt zugeschriebenen Historiae memorabiles aus dem Umfeld des Colmarer Dominikanerkonvents vgl. EL01, Nr. 31.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 147, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/CP1-c1-00uj.html (Datum des Zugriffs)

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