Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

Zurück zur Übersicht

281 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 158.

Thüringen/Sachsen 1, Nr. 157

1324 [nach April 15]

In seiner Mansfeldischen Chronica berichtet Cyriacus Spangenberg im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts über einen Aufstand in Nordhausen: In der Osterwoche des Jahres 1324 (anno 1324 … in der Osterwoche) (1) begann in Nordhausen eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen der Gemeine und dem Rath. Nachdem der Rädelsführer der Aufständischen, ein gewisser Heinz von Wechsungen, das Haus des Bürgermeisters Tilen (2) hatte stürmen lassen, wurden die Ratsmitglieder der Stadt verwiesen. Weder eine Intervention König Ludwigs des Bayern noch eine Friedensinitiative benachbarter Städte hatten zum Erfolg geführt. Als auch die Kanoniker des Heiligkreuzstifts der Stadt verwiesen wurden, verhängte der Mainzer Erzbischof Matthias von Buchegg (1321-1328) das Interdikt über die Stadt. Daraufhin plünderten die Aufständischen die Häuser der Stiftsherren. (3) Der Graf von Honstein verbot seinen Untertanen, Lebensmittel und Holz an die Stadt zu liefern. Als es zu einem Brennholzmangel (Mangel an Feuerwerk) kam, wurden Häuser abgerissen. Auch die Synagoge wurde nicht verschont und die Juden zudem ausgeplündert (Sie zerbrachen auch den Juden ihre Schule und nahmen ihnen, was sie lange Zeit zusammengescharrt hatten). Der Erzbischof von Mainz brannte schließlich die städtischen Mühlen in der Umgebung nieder und sperrte die Zufahrtsstraßen, sodass die Aufständischen 1326 resignierten. (4)

(1) Der Ostersonntag fiel im Jahre 1324 auf den 15. April.

(2) In Friedrich Christian Lessers Historischen Nachrichten wird dieser Conrad Thielen genannt (S. 438).

(3) Nach Angaben Lessers wurde auch die Stiftskirche in Brand gesteckt und von den Aufständischen am Kornmarkt eine Georgskirche errichtet, in der den Aufruhr unterstützende Geistliche Gottesdienste abhielten (S. 439).

(4) Der Aufstand spiegelt sich teilweise in diversen Schreiben und den Sühnebriefen der Aufrührer wider, in denen die Gewalt gegenüber den Nordhäuser Juden allerdings nicht thematisiert wird; vgl. Friedrich Christian Lessers Historische Nachrichten, S. 440-445.

Überlieferung:

Gedruckte Publikation, dt.

  • Mansfeldische Chronica 1, fol. 330v.
  • Bensing, Kleinbürgerherrschaft (1982), S. 48;
  • GJ 2, 2, S. 591;
  • Stern, Geschichte der Juden in Nordhausen (1827), S. 12 f.;
  • Friedrich Christian Lessers Historische Nachrichten (Förstemann), S. 251-260;
  • Friedrich Christian Lessers Historische Nachrichten, S. 438-445.

Kommentar:

Der 1528 als Sohn des Reformators Johanns Spangenberg in Nordhausen geborene Cyriacus Spangenberg wurde nach dem Studium in Wittenberg um 1550 zunächst Pfarrer in Eisleben, anschließend auf Schoss Mansfeld. Dort fertigte er unter anderem die Mansfeldische Chronik an. Nachdem Spangenberg des Manichäismus beschuldigt worden war, musste er 1574 aus Mansfeld fliehen. 1581 wurde er Pfarrer im hessischen Schlitz; von 1595 lebte er bis zu seinem Tod im Jahre 1604 in Straßburg; vgl. zu Person und Werk Feicke, Chroniken (2003); Feicke, Mansfeldische Chronik (1997); Boettcher, Cyriacus Spangenberg (2006). Woher Spangenberg die Nachricht über die Zerstörung der Synagoge bezog, ließ sich bislang nicht ermitteln. In seinen Historischen Nachrichten ergänzte Friedrich Christian Lesser die Darstellung Spangenbergs geringfügig, wobei er sich explizit auf die 1712 erschienene Curieuse Feuer- und Unglücks-Chronica des Nordhäuser Pfarrers Johann Heinrich Kindervater (1675-1726) bezog. In der 1860 publizierten Bearbeitung Friedrich Christian Lessers Historischer Nachrichten bettete Förstemann die Geschehnisse von 1324 bis 1326 in den weiteren historischen Kontext ein, ohne jedoch die konkreten Ursachen für die Erhebung ausfindig zu machen; zum Nordhäuser Aufstand vgl. Bensing, Kleinbürgerherrschaft (1982).

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 157, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/TW-c1-004x.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht