Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 177

1337 Mai 1, Wismar

Die Ratsmänner zu Wismar bekunden, dass sie sich nach Urkunden und Handfesten Albrechts von Mecklenburg (1) mit dem unbescholtenen Juden Danis (2) darauf geeinigt haben, dass dieser als Bürger in der Stadt aufgenommen wird und dazu noch ein weiterer Jude, den sich derselbe Danis aussucht (Wy raatmanne to der Wismere, oolt und nyge, bekennen openbare in desser schrift, dat wyͦ endrachtliken hebben over en ghedreghen na breven und hantfesten uses heerren van mekelenborch hern albrechtes met deme vromen joden danyze dat wy den selven joden hobben untfanghen und untfaat in desser jeghenwordighen schrift to eneme useme bure und borghere und dar to enen anderen joden wene de selve danyz to sik kesen wil). Die beiden Juden sollen mit ihren Frauen, Kindern und ihrem Gesinde in Wismar unter demselben Frieden und Schutz leben wie die übrigen Bürger (Also scholen de twe joden met iren wyven, kinderen und jnghesinde wonen in user staat to der Wismere under useme vrede und bescherme like anderen usen borgheren). [Sie sollen] in zwei Häusern [leben] und nie mehr als in zwei Häusern gleichzeitig, solange sie leben. Nach deren Tod sollen zwei andere Juden von ihren Erben ihnen folgen, damit es nie mehr als zwei Judenhischen (3) in der Stadt gibt (In twen husen un in nicht meneghereme huse wenne twe de wyle dat se leuen, na irme dode twe andere joden van iren erfnamen, also dat der joden io nich[t] mer schal wesen wenne twe hysche). Die selben Juden sollen von den Wismarer Bürgern von der Mark maximal drei Pfennige (4) als Zins oder als Rente nehmen. Was darunter ist, das sollen sie den Wismarer Bürgern ebenfalls mit Zins oder Rente zurückgeben (Und desse selven joden scholen nemen van usen borgheren van der mark dre pennenghe to wokere efte to rente, und nicht merͤ. Wat dar beneden is, dat scholen se usen borgheren lyͦkeliken keren met wokere efte mit rente). Sollte aber bei denselben Juden Pfand als Diebstahl oder Raub geltend gemacht werden, das soll man von den Juden für so viel auslösen oder freien, als sie schwören, darauf gegeben zu haben, doch ohne Zins und Rente (Worde aver genich pant under den selven joden anghesproken vor dufte efte vor rof, dat schal men van den Joden losen unde vriyn vor also vele, dat se besweren willen, dat se dar hebben upghedan, doch sunder jenighen woker efte rente). Die selben Juden sollen auch Wach- und Schanzdienst leisten wie die übrigen Bürger (De selven joden schollen ook waken unde graven lyke anderen usen borgheren). Anstelle jeder anderen städtischen Pflicht sollen die beiden Juden jährlich 16 Mark Pfennige lübischer Währung geben. Sollte einer von ihnen abgehen, soll der andere für die 16 Mark [allein] aufkommen (Vor andere plicht us unde user staat to donde scholen se us unde user staat gheven jowelkes jares sesteyn maark penninghe Lubeker munte, de selven joden beyde. Were, dat ir en afghinge, de andere schal vor de sesteyn mark us und user staat io wldon). (5) Den Juden wird eine mit dem Stadtsiegel versehene Urkunde ausgehändigt (Uppe dat alle desse stukke vast und stede bliven, so hebbe wy dessen breef den selven joden gheven, beseghelet met user staat ingheseghele). Als Zeugen fungieren die Bürgermeister Heinrich Richardsdorf, Johann Rodekogel, Gerhard Schlagstorf, Johannes von Kröpelin und Andreas Lasche sowie die Ratsherren Konrad Reinhold, Martin Strömkendorf, Johann Kalsow, Eckhard Walmsdorf, Heinrich Kadow, Nikolaus Rabode, Dietrich Lasche, Wilke Witte, Johann Vicheln, Georg Wittenbek, Heinrich von Sülten, Ivan von Klüz und Johann Mule (Des syn wy tughe: Hinrik Rikquartstorp, Johan Rodekoghele, Gherd Slawestorp, Johan Kropelin, Andreas Lasche, borghermestere, Conrad hern Reynoldes, Martyn Stromekendorp, Johan Kalzowe, Eghard Walmerstorp, Hinrik Kadowe, Nicolaus Rabode, Diderik Lasche, Wilkin Witte, Johan Vichele, Juries Wittenbeke, Hinrik van der Zulten, Ywan van de[me] Klutze und Johan Mule, raatmanne to der Wismere).

Dese breef is gheven und schreven in dem jaare na der boord uses heerren dusent jaar drehunderd jaar in deme seveden und dritteghesteme jare, in deme daghe der hillighen apostele Philippi und Jacobi. (5)

(1) Vgl. die Urkunde von 1337 März 23 (NO01, Nr. 176).

(2) Zu Danis vgl. auch NO01, Nr. 175, NO01, Nr. 176, NO01, Nr. 183, NO01, Nr. 185, NO01, Nr. 188, NO01, Nr. 189, NO01, Nr. 190, NO01, Nr. 191, NO01, Nr. 195, NO01, Nr. 194, NO01, Nr. 193, NO01, Nr. 192, NO01, Nr. 198 und NO01, Nr. 208. Möglicherweise ist Danis mit dem ebenfalls für Wismar belegten Juden Daniel (NO01, Nr. 247 und NO01, Nr. 252) identisch.

(3) Hisch beziehungsweise hische: mnd., Familie, Familiengemeinschaft, Hausgemeinschaft, Ehepaar mit den Familienangehörigen und dem Gesinde.

(4) Drei Pfennig pro Woche und Mark entsprechen 156 Pfennigen pro Jahr und damit einem jährlichen Zinssatz von 108 1/3 %, sofern es nicht zu Zwischenabrechnungen kam und Zinseszins anfiel.

(5) Fouquet/Rabeler, Juden (2012) (a. O.) deuten abweichend die 16 Mark pro Jahr als Verpflichtung jeder einzelnen Familie.

(6) Der Eintrag steht unter der Nr. 52 und der Rubrik Ex petitione domini Magnipolensis Danẏes Judeus fuit receptus in civem Wysmariensis.

Überlieferung:

Wismar, StadtA, Abt. VI, Rep. 1 A 1, fol. 46v-47r, [Nr. 52], Abschr. (2. Viertel 14. Jh.), dt., Perg.

Kommentar:

Zum Wismarer Privilegienbuch vgl. NO01, Nr. 49. Das Wismarer Privilegienbuch ist noch ohne Pagination. Nähere Angaben folgen einer eigenen Zählung.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.06.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 177, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-0084.html (Datum des Zugriffs)

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