Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)
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Norddeutschland 1, Nr. 132
[zwischen 1330 und 1350], Lemgo
Der Rat der Altstadt Lemgo bittet den Hildesheimer Rat in der Sache der Witwe des in Hildesheim verstorbenen Lemgoer Bürgers Hermann Hulde[…] (relicta quondam Hermanni Huͦlde[…] (1) vobiscum defuncti) um Hilfe. Die Hinterbliebene hatte einen Brief des Arztes Magister Wilhelm (magister Wilhelmus medicus) erhalten, in dem dieser zwei Mark zuzüglich Schaden forderte. Sie habe daraufhin geantwortet, dass ein gewisser Johannes von Hemmendorp, Hildesheimer Bürger, mit ihr in Lemgo auf Veranlassung des Hildesheimer Münzmeisters von vielen vertrauenswürdigen Männern 15 Mark Silber beigeschafft habe. Johannes Hemmendorp habe sich verpflichtet, mit diesem Geld die Schulden bei Magister Wilhelm und dem Krämer Balduin zu begleichen. Ferner habe ihr der Arzt mitgeteilt, dass er mehrere Gegenstände (V flascas stanneas, duas lagenulas, multa vitra speciosa, culcitrum bonum, linteamina, cussina et hujusmodi) ihres Verstorbenen bei Juden (ad iudeos) für ein Lot und drei Vierdung (pro uno lotone et III fertonibus) versetzt hätte, die sie für das Geld auslösen könne. Daraufhin habe sie ihren Boten Arnold mit dem Geld ausgeschickt, um die Pfänder bei dem Juden (ad iudeum) einzulösen. (2) Meister Wilhelm habe aber ebenfalls einen Boten mitgeschickt, der die ausgelösten Gegenstände zu Wilhelm brachte, der diese der Witwe vorenthalte. Der Lemgoer Rat bittet die Hildesheimer Amtskollegen zu eruieren, ob Johannes Hemmendorp den Arzt tatsächlich nicht bezahlt hatte und entsprechende rechtliche Schritte zu ergreifen. (3)
(1) Der Rest des Namens ist unleserlich.
(2) Die zweite Wendung misit … ad judeum nuncium suum belegt - entgegen der ersten Nennung der Juden im Plural (posuisset ad judeos) -, dass die Gegenstände bei einem bestimmten Juden versetzt worden waren. Ob dieser Jude in Lemgo ansässig war, wo Hermann und seine Frau Bürger waren und wo es offenbar zur Zeit der Pest Juden gab (WJ 1, Nachträge, Nr. 32, S. 294 f.), oder in Hildesheim, wo Hermann verstarb, ist nicht auszumachen. Vgl. WJ 1, Nachträge, Nr. 20, S. 276, Anm. 2.
(3) Die im undatierten Dokument benannten Personen lassen sich nicht weiter nachweisen, so dass nur eine ungefähre Zeiteinordnung möglich ist. Im UB der Stadt Hildesheim 2, Nr. 170, S. 101 f., ist es auf die Zeit zwischen 1330 und 1360 datiert. Aschoff (WJ 1, Nachträge, Nr. 20, S. 276, Anm. 1) schlägt die Zeit vor 1350, also vor die Pestverfolgung, vor.
Überlieferung:
Hildesheim, StadtA, Best. 2, Nr. 10, Orig., lat., Perg.
- WJ 1, Nachträge, Nr. 20, S. 275 f.;
- UB der Stadt Hildesheim 2, Nr. 170, S. 101 f.
- Pohlmann, Lippe (1995), S. 19.
(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021
Zitierhinweis
Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 132, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-0023.html (Datum des Zugriffs)
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