Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1348-1390)

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Ebm. Mainz 2, Nr. 338

1384 August 31

Der Jude Bonifant, in Alzey ansässiger Bürger, bekundet, dass er von Amtleuten Pfalzgraf Ruprechts d. J. [II.] wegen verschiedener Vergehen gegen letzteren und die Seinen inhaftiert worden war und nun durch einen Gnadenakt Ruprechts wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Für sich und all seine Erben, Verwandten und Freunde schwor der Aussteller Urfehde, d. h. sich für seine Gefangennahme und die damit in Zusammenhang stehenden Vorgänge in keiner denkbaren Weise rächen zu wollen. Dieser Schwur wurde, so wie ein Jude schwören soll, auf die Torah geleistet und gilt für alle Zukunft. Nach jüdischer Form und Gewohnheit hat Bonifant vorliegende Urkunde unterzeichnet und zur Bekräftigung die Juden Ber, Simons von Frankfurt Sohn, und Lewe von Oppenheim als Zeugen, die Bonifant bzw. die Seinen stets an ihren Eid erinnern sollen, gebeten, das Dokument ebenfalls nach jüdischer Form und Gewohnheit zu unterzeichnen. Diese bekennen sich abschließend zu allem, was sie unterschrieben haben.

Ich, Bonifant iuͦde, geseszen burger zu Altzey, bekennen und dun kunt offinbar mit diesem brievͦe allen den, die yn an sehent oder horent lesen, als mich des durchluchtigesten hochgeborne fursten und herren hern Ruprechts des iungern, pfaltzgraven bij Rine unde herczogen in Beyern, mins lieben genedigen herren, amptluͦde itzunt gefangen gehabt hant, umb daz ich wieder denselben mynen genedigen herren, den herczogen, und die sinen getan und an yn ubirfaren han, und mich mins genedigen herren herczog Ruprechts obegenant gnade soliches gefengnisze und getat genedeclich ledig gelaszen hat off dasselbe gefengnisze und alle geschiechte und sachen, die mir dar umb geschehen und wiederfaren sint, und auch off allermengliche und ein yglichen von der sachen wegen han ich, Bonifant obegenant, willeclich und unbetwuͦngen fuͦr mich, alle myne erben, mage, frunde und allermenglich von mynen wegen genczlich und luterlich vercziegen und verczijhen mit crafft dijs brieffs und sollen noch wollen ich, alle myne erben, magen, frunde und menglich von mynen wegen die obegenante gefengnisze und alle geschiechte und sachen nummer rechen noch anden mit worten oder wercken, heimlich oder offinbar, mit gerichte, mit rechte oder ane recht oder mit gewalt, geistlich, werntlich, cristelich oder iuͦdischlich, wie daz yeman erdencken mochte und daz tzu erdencken were, uszgescheiden alle argelist, wiederwertige funde und gevͦerde. Auch in allermasze, als ich mich usz dem obegenanten gefengnisze getedinget han, dar wieder sal ich kein bede dun noch schaffen getan werden. Und obe die geschee, wie und von weme die geschee, so sal sie mir doch in keinem weg zuͦ scaden oder zu nuͦtze kommen. Und ich, Bonifant obegenant, han alle und yglich obegenante stuͦcke gelobt und off her Moises buͦche gesworne als ho, als ein iude billich sweren sal, und beherim und bisfuͦhe, daz ist of mynen iudischen bann und eyd (1), ewiglich feste und stete zu halden in aller masze, als vorgeschrieben stet, und auch zu festem urkuͦnde han ich, Bonifant obegenant, diesen brieff nach iudischer forme und gewonheit gehesemt und han auch zu mererm gezugnisze und mich und einen yglichen von mynen wegen aller und yglicher obegenanten stucke alczijt zu besagen gebeden Bern, Symons son von Franckenfort, und Lewen von Oppenheim, iuͦden, daz ir yglicher diesen brieff auch nach iudischer forme und gewonweit [!] gehesemt hat, des ich, Bere und Lewe, iuden obegenant, alles erkennen under unserm geheseme an diesen brieff getan, der geben ist nach cristlichem schriben und forme nach Cristus geburte drutzehen hundert iare und in dem vier und achtzigisten iare, off den mitwochen nach sant Iohans dag, als er enthauͦbet wart.

שמוא' ב''ר יחיא' הלוי

יהודה ב''ר שמעון הלוי זצ''ל בערא

יהודה ב''ר עקיבא זצ''ל

Samuel, Sohn des Herrn Jechiel haLevi

Jehuda, Sohn des Herrn Simon haLevi, das Andenken des Gerechten sei zum Segen, Ber (2)

Jehuda, Sohn des Herrn Akiva, das Andenken des Gerechten sei zum Segen

(1) Zu dem von Bonifant benutzten Terminus 'unter Bann und Eid' (nach heutigem Standardhebräisch 'beCherem ubeSchwuah') vgl. auch MZ01, Nr. 285. Mit dieser Formel erklärt der Jude, dass er mit der Verhängung der Bannstrafe für den Fall, dass er gegen die hier eingegangenen Verpflichtungen handeln sollte, einverstanden ist. Damit ersetzt die Bannandrohung den promissorischen Eid, den es im jüdischen Recht nicht gibt. Frdl. Erläuterung von Dr. Rainer Josef Barzen, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.

(2) Gelegentlich setzen Juden an das Ende ihrer hebräischen Unterschrift, in der ihr Sakralname erscheint, noch ihren Alltagsnamen. So fügte auch hier Bere diesen Namen hinzu. Ursache dafür war wohl, dass es sich hier um eine Mischform von christlichem und jüdischem Formular handelt und die hebräische Signatur zwar im jüdischen Recht gilt, diese aber in den meisten Fällen nicht mit dem Namen übereinstimmt, der auch im lateinischen oder deutschen Urkundentext genannt ist. Mit dem Zusatz 'Bere' ist daher, rechtlich gesehen, besonders korrekt verfahren worden.

Überlieferung:

Darmstadt, StA, A 2, Nr. 4/27, Orig.; https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/digitalisatViewer.action?detailid=v3089395&selectId=43121579 (Digitalisat), dt. und hebr., Perg.

  • Schnur, Studien (2014), S. 872;
  • Ziwes, Studien (1995), S. 170;
  • GJ 3, 1, S. 13, Anm. 14;
  • Böcher, Geschichte (1973), S. 196;
  • Löwenstein, Geschichte (1894), S. 15 f.

(gem./ale.) / Letzte Bearbeitung: 23.08.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, MZ02, Nr. 338, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ02/MZ-c1-0091.html (Datum des Zugriffs)

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