Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1273-1347)

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Ebm. Mainz 1, Nr. 114

1314 Februar 1, Mainz

Grabstein der zu Mainz bestatteten Jüdin Guthil, Tochter Jakobs:

[צ[ור
עולמים קבל
ברחמים נשמת
'מרת גוטהיל הבח
'בת החר' יעקב שנ
י'ד' בשבט יום ו' שנת
ע'ד' לפרט לאלף ש
ששי ת'נ'צ'ב'ה' אמן
ואמן סלה

Übersetzung:

Fels (1)
der Ewigkeiten! (2) Empfange (3)
mit Erbarmen die Seele
der Frau Guthil, der Jungen,
Tochter des Gelehrten Herrn Jakob, die verstarb
am 14. Schevat, Freitag, im Jahre
74 nach der Zählung, im sechsten (4)
Jahrtausend. Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens. (5) Amen
und Amen. Sela. (6)

(1) Die erste Zeile ist bei Merx (Documents de paléographie, Nr. 4, S. 49) ab oberhalb des י in עולמים ('Ewigkeiten') durch Schraffur als beschädigt gekennzeichnet, während der Anfang dieser Zeile unbedruckt belassen ist. Avneri (Medieval Jewish Epitaphs from Magenza, Nr. 50, S. 151) glaubte, Spuren in der ersten Zeile als צ identifizieren zu können, was die Autopsie am Original bestätigte. Avneri vervollständigte das Wort entsprechend der biblischen Wendung.

(2) Vgl. Jesaja 26, 4. Gemeint ist Gott.

(3) Merx (Documents de paléographie, Nr. 4, S. 49) las קני‏.

(4) Am (jetzigen) Ende dieser Zeile steht ש, der erste Buchstabe des hebräischen Zahlwortes. Danach ist die Schreibfläche des Steins abgeplatzt, was schon bei der mittelalterlichen Beschriftung geschehen sein muss, denn der Graveur hat das Zahlwort in der nächsten Zeile neu begonnen und dabei das genannte ש wiederholt. Avneri (Medieval Jewish Epitaphs from Magenza, Nr. 50, S. 151) vermutete auf der Grundlage einer Fotografie eine Abkürzung und edierte ‏'‎ש.

(5) Die Eulogie bezieht sich auf Samuel 25, 29.

(6) Merx (Documents de paléographie, Nr. 4, S. 49) las סרה und kommentierte (ebd., S. 50): 'Je ne puis expliquer les trois dernières lettres.'

Überlieferung:

Mainz, Judenfriedhof Denkmalsanlage, Nr. 96, hebr.

  • Rapp, Chronik (1977), Nr. 96, S. 55;
  • Mainzer hebräische Epitaphien, Nr. M 90, S. 85;
  • Martyrologium Nürnberger Memorbuch, Nr. 107, S. 437.
  • Vest, Friedhof (2000), S. 82.

Kommentar:

Diese Grabinschrift unterscheidet sich von den anderen zeitgenössischen Epitaphen durch die Anrufung Gottes, und zwar mit den Worten einer Jesaja-Stelle, die man auch mit 'ewige Zuflucht' wiedergeben könnte. Erst nachdem die Seele der Verstorbenen dem Erbarmen Gottes übergeben wurde, folgen Formulierungen, die man auch in anderen Grabinschriften findet.

(kcu.) / Letzte Bearbeitung: 22.03.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, MZ01, Nr. 114, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ01/CP1-c1-02rj.html (Datum des Zugriffs)

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