Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 224

[zwischen 1343 April 20 und 1347 April 15]

In einem undatierten Eintrag im Lehenbuch Eberhards von Brandis, Abt von Reichenau, wird vermerkt, dass Ruprecht der Gayenhoffer von Berlingen mit Erlaubnis des Abts dem Bürgermeister von Konstanz, Ulrich in der Bünd, anstelle der zu Konstanz ansässigen Juden Abraham und David von Bischofszell, sein Haus, seine Kelter und seine Hofstätte für 8 Pfund Pfennige Konstanzer Währung verkauft hat. Diese Summe soll bis zum nächsten St. Martinstag gezahlt werden. Ruprecht soll außerdem in den nächsten drei Jahren jährlich an St. Martin je 10 Eimer Weißwein, Konstanzer Maß, an Ulrich übergeben. Der Käufer hat das Recht bei Ausbleiben dieser Abgaben das erhaltene Pfand oder das Anrecht auf die 8 Pfund Pfennige Konstanzer Währung zu verkaufen. Auch bei Eingang des Zinses kann er diese 8 Pfund Pfennige Konstanzer Währung jederzeit verkaufen oder verpfänden.

Item das Ruͦprecht der Bayenhoffer (1) von Bernang (2) die dominico (!) nach Tyburty (3) satzt mit unnsrm willen et cetera Ulrich in der Buͤnd, burgermaister ze Costenntz (4), an Abrahams des juden stat [und] Davides von Bischoffzell (5), sesshaft ze Costentz, sin hus und torggel und hoffstat um VIII libras denarii Costenntzer sine dampno uf sanct Martine et (6) debet predicto Ulrich dare de eis X urnas vini albi mensure Constantiensis sine dampno post vocum Martini wt (!) deinde tertium Martini wt (!) et terminis elapsis possit vendere pro neglecto censu et VIII libras predictas et etiam post receptionem predictorum terminorum consideratum possit vendere vel obligare.

(1) Dem Schriftbild nach eindeutig Bayenhoffer. Thurgauisches UB 5, Nr. 1958b, S. 251 (danach auch: Repertorium schweizergeschichtlicher Quellen GLA Karlsruhe 1, 1, Nr. 489, S. 106) liest Gayenhoffer und fügt die vorliegende Urkunde an eine weitere vom 13. Dezember 1348, in welcher der Knecht Ruprecht Gaienhofer von Berlingen als verstorben verzeichnet werde (Thurgauisches UB 5, Nr. 1958a, S. 250 f.).

(2) Alter Name für Berlingen im Kanton Thurgau.

(3) Sonntag nach Tiburtientag. In Anbetracht der Verhaftung der Konstanzer Juden im Januar 1349 ist das vorliegende Rechtsgeschäft innerhalb der Amtszeit Abt Eberhards (1342-1379) zwischen den Jahren 1342 bis 1348 zu datieren. Allerdings fällt im Jahr 1342 der Tiburtientag auf einen Sonntag, so dass dies aufgrund des Wortlauts der Urkunde nicht zu passen scheint. Im Jahr 1348 wiederum fällt der Sonntag nach St. Tiburtien auf den Ostersonntag. In diesem Fall wäre die Urkunde jedoch sicherlich in Bezug zu Ostern datiert worden. Das gleiche gilt übrigens für das Jahr 1346. Womöglich erklärt sich aufgrund dieser Umstände die Datierung zwischen 1343 und 1347 im Repertorium schweizergeschichtlicher Quellen GLA Karlsruhe 1, 1, Nr. 489, S. 106. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnis sind als wahrscheinlichster Zeitpunkt des vorliegenden Ereignisses die Sonntage nach Tiburtien am 20. April 1343, 18. April 1344, 17. April 1345 und 15. April 1347 zu konstatieren. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann zudem, dass ein Rechtsgeschäft aus der Zeit vor dem Regierungsantritt beziehungsweise der Wahl Eberhards zum Abt nachträglich aus nicht näher bezeichneten Gründe in das Lehensbuch aufgenommen wurde, da der Abt selbst nicht im betreffenden Vermerk erwähnt wird.

(4) Ulrich in der Bünd ist sonst nicht als Bürgermeister nachweisbar. Allerdings ist für den betreffenden Zeitraum die Identität des Konstanzer Bürgermeisters weitgehend unbekannt. Ulrich kann von 1333-1337 und abermals von 1354-1360 sicher als Vogt zu Konstanz nachgewiesen werden. 1352 wird er zudem als der alte Vogt und 1353 als einstiger Vogt bezeichnet; vgl. Beyerle, Ratslisten (1898), S. 79-86; darauf aufbauend Koch, Patriziat (1967), S. 194; vgl. auch Kleß, Patriziergeschlecht (1990), S. 27; Kindler von Knobloch, Geschlechterbuch 1, S. 178. Beyerle nimmt zum Teil eine Kontinuität bei einzelnen Ämtern an, deren Inhaber über mehrere Jahre hinweg nicht nachweisbar ist; vgl. Beyerle, Ratslisten (1898), S. 36.

(5) Thurgauisches UB 5, Nr. 1958b, S. 251 (danach auch: Repertorium schweizergeschichtlicher Quellen GLA Karlsruhe 1, 1, Nr. 489, S. 106), bezeichnet Abraham als den Sohn Davids von Bischofszell..

(6) Davor steht durchgestrichen ut.

Überlieferung:

Karlsruhe, GLA, Best. 67, Nr. 1104, S. 660, Orig., dt. und lat., Perg.

Kommentar:

Offenbar hatte Ruprecht die betreffenden Güter zuvor dem Juden Abraham als Pfand übertragen, vermutlich im Zuge eines Kreditgeschäfts. Diesen Kredit dürfte dann Ulrich in der Bünde übernommen haben, womit das Pfand in seine Hände fiel.

(Michael Schlachter) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 224, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-004d.html (Datum des Zugriffs)

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