Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 55

1300 Januar 30, Freiburg i. Br.

Graf Egen [II.] von Freiburg und sein Sohn Sohn Konrad [II.] bekunden für sich und ihre Erben eine Sühne (ganze und luter suͦne) mit den Bürgern und der Stadt Freiburg im Breisgau wegen aller Streitigkeiten, die sie bis zu diesem Tag mit diesen gehabt hatten (umb alle die sache und missehelle, die wir unz an den tag, das dú suͦne geschach wider einander hatten, von gerihte oder ane gerihte). Sie haben geschworen, diese Sühne und alle nachgeschriebenen Vertragspunkte einzuhalten (und alle die sazzunge und alle dú stuke, dú hie nach geschriben stant, swie dú gesezzet sint und an diseme brieve stant, dú haben wir oͧch gesworn stete ze habende fúr uns beide und fúr alle unser erben und nachkommenden und swa unser deheiner der deheines brichet, der ist meineide, und rehtlos, und elos, und súln sinú lehen lidig sin den herren, und sol sin von allem rehte, an eigen und an erbe, swie es gelegen ist, und swas wir rehtes dar zuͦ han). In einem dieser Vertragspunkte versprechen die Grafen, allen Bürgern, Gästen, Seldern, Pfaffen und Laien, unabhängig ob geächtet oder gebannt, den städtischen Frieden zu garantieren. Sie sollen innerhalb der Stadt nicht geschädigt oder belangt werden, außer vor Gericht mit dem Recht der Stadt Freiburg (Es súln oͧch alle die vride han, burger und selder, und geste, kommende und belibende, phaffen und leien, si sin zeahte (!) oder zebanne (!), und sol in nieman núzenút tuͦn noch si anegriffen in der stat ane gerihte nach der stette rehte ze Vriburg, tuͦn wir dis so haben wir gebrochen.). Die Juden werden insofern erwähnt, als die vorliegende Satzung (1) ihre Rechte in der Stadt weder verschlechtern noch verbessern solle (Mit dirre sazzunge sol den Juden ir reht weder geboͤsert noch gebessert sin.). (2)

Die Urkunde wird neben den beiden Grafen von Freiburg besiegelt durch die Markgrafen Heinrich [III.] und Rudolf [I.] von Baden-Hachberg, Hesso von Üsenberg, Rudolf von Üsenberg, Heinrich von Geroldseck, Walter von Geroldseck, Johannes von Schwarzenberg, Wilhelm von Schwarzenberg, Burchard dem wisse[n] beger, Bertold den Sermenzer von Neuenburg, dessen Bruder Jakob, Dietrich von Tüßling, Egenolf Küchlin, Johannes Snewelin und Gottfried von Schlettstadt.

Dis geschach und wart dirre brief gegeben ze Vriburg in der stat, In dem iare do man zalte von unsers herren Jhesu Christi gebúrte drúzehen hundert iar, an dem nehsten samestage vor unser Froͧwen tage ze der Lichtmes.

(1) Aus der in der Urkunde insgesamt verwendeten Terminologie ergibt sich eindeutig, dass dies lediglich diesen einzelnen Vertragspunkt und nicht die gesamte Sühne betrifft.

(2) Stadt und Grafen beschlossen somit, die bisherige Regelung hinsichtlich der Juden beizubehalten. Dieser Passus über die Gerichtsbarkeit vor Ort findet sich ebenso wie der beiliegende Judenpassus nur in der gräflichen Sühneurkunde und nicht in der städtischen Gegenurkunde (Karlsruhe, GLA, Best. 21, Nr. 174); vgl. Urkunden zur Geschichte der Grafen Freiburg 7, S. 236-240; Quellendokumentation zur Geschichte der Grafen von Freiburg, Nr. 428, S. 115; Freiburger UB 2, Nr. 281, S. 349.

Überlieferung:

Freiburg i. Br., StadtA, A 1 IIc (sub dato), Orig., dt., Perg.; ebd., B 2, Nr. 10, fol. 1r-3r (Abschr., um 1360); Karlsruhe, GLA, Best. 67, Nr. 114, fol. 43r-56r (Abschr., 18. Jh.).

Kommentar:

Die Bestätigung des Rechtsstatus der Freiburger Juden durch die Grafen bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Fixierung dieses Punktes vornehmlich im Interesse der Grafen war. Die getroffenen Versprechungen sind vielmehr an die Stadt als Adressaten gerichtet. Somit war es im Gegenteil im Interesse der Stadt, die bisherige Rechtsetzung gegenüber den städtischen Juden beizubehalten und aufzuschreiben. Nicht ausgeschlossen ist somit, dass es während der zuvor herrschenden Streitigkeiten auch Versuche der Grafen gab, die Rechtsstellung der Freiburger Juden zu verschlechtern oder zu bessern. Im Zusammenhang mit der Erwähnung des städtischen Gerichts, in welchem die Juden als Gruppe keine Erwähnung finden, und in Verbindung mit der erst darauf folgenden Garantie des jüdischen Rechts innerhalb der Stadt, ist zu vermuten, dass die Juden vor Ort nicht (nur) dem Stadtgericht, sondern auch einem jüdischen Gericht unterstanden.

(Michael Schlachter) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 55, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-000f.html (Datum des Zugriffs)

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