Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 253

1340 November 20, Straßburg

Bischof Berthold [II.] von Straßburg sowie der Dompropst, der Dekan und das Kapitel der Straßburger Kirche bekunden, dass sie für sich und ihre Nachfolger wegen des Nutzens für das [Hoch-]Stift und zur Ausübung der von Kaiser und Fürsten dem Bischof und Stift auf ewig garantierten Rechte über die auf dessen Gebiet ansässigen Juden namentlich zu Rufach, Sulz, Rheinau, Molsheim, aber auch zu Zabern, übereingekommen sind, alle jetzt oder künftig dort wohnenden Juden und Jüdinnen mit ihren Gütern und ihrem Gesinde zeit ihres Aufenthalts zu beschützen um der Leistung ihres Dienstes willen, den sie gemäß urkundlich oder anders getroffener Vereinbarung individuell oder gemeinschaftlich dem Bischof oder seinen Nachfolgern zugesagt haben. Der Bischof gelobt bei seinem Eid, dass weder er noch seine Amtleute künftig die Juden durch [Zwangs-An]leihen oder Abgaben bzw. über das in ihren Briefen festgelegte Maß hinaus bedrängen, es sei denn, ein Jude ist straffällig geworden; dieser wird dann vor ein öffentliches Gericht gestellt und gemäß seinem Recht behandelt. Falls jemand einen Juden körperlich verletzt, wird er dafür von den Amtleuten gerichtlich belangt. Für die Zeit einer Vakanz des bischöflichen Stuhls garantiert das Domkapitel den Juden seinen Schutz nach bestem Vermögen. Sollten trotz allem Juden oder Jüdinnen in den straßburgischen Städten entgegen ihren verbrieften Rechten geschädigt werden, will der Bischof, sich auch für seine Amtsnachfolger verpflichtend, unter Mithilfe des Kapitels für Wiedergutmachung sorgen. Bischof und Kapitel bestätigen den Juden auch alle Privilegien und Freiheiten, die ihren in Reichsstädten ansässigen Glaubensgenossen von Kaisern und Königen gewährt wurden. [Um diese Rechte zu dokumentieren folgt die Wiedergabe der Verfügungen König Albrechts I. zugunsten der Juden im Elsass und Breisgau in Gestalt seiner am 26. Mai 1299 in Worms besiegelten Urkunde (1) als Transsumpt in einem Privileg Kaiser Ludwigs des Bayern, das letzterer auf Bitten von über eine Ausfertigung verfügenden Colmarer Juden am 17. August 1330 in Breisach ausgestellt hatte.] Der Bischof gebietet allen ihm jetzt oder künftig unterstehenden Vögten, Schultheißen und Schaffnern sowie den Räten, Gemeinden und Geschworenen im Stiftsgebiet, die Juden und ihre Güter getreulich zu schirmen, so sehr sie es können. Dompropst, Dekan und Kapitel verpflichten sich, dafür zu sorgen, dass künftige Bischöfe alle vorgenannten Punkte einzuhalten geloben. Wolle einer von ihnen dies nicht tun, sollen die Juden dennoch nach der Bestätigung des Elekten ein Jahr lang im Schutz von Bischof und Kapitel bleiben, und wenn sie dann das Stift verlassen wollen, sollen sie im Umkreis von drei Meilen um ihre bisherige Stadt über das Geleit des Bischofs verfügen sowie die Hilfe des Kapitels dazu. Auf Geheiß von Bischof und Kapitel haben sich die Vögte, Schultheißen, Schaffner und Gemeinden der vorgenannten Städte für sich und ihre Nachfolger eidlich verpflichtet, die bei ihnen ansässigen Juden und deren Besitz nach Kräften vor Gewalt zu schützen und ihnen notfalls vor Gericht zu ihrem Recht zu verhelfen. Bischof und Kapitel garantieren, dass alle Juden und Jüdinnen, die in Egisheim, Benfeld, Oberkirch oder sonstwo im Stift wohnen bzw. wohnen werden, unter ihrem Schutz stehen, vorbehaltlich der Rechte der Könige, Kaiser und ihrer Landvögte.

Wir, Berhtolt, von gottes gnaden bischof .. der tuͦmprobest, der dechan unde das capitel der sifte [!] zuͦ Strasburg tuͦnt kunt allen den, die disen brief sehent oder hoͤrent lesen .. daz wir úberein kommen sint fúr úns unde unsere nachkommen durch unserre stifte nutz unde natdurfte [!] und durch daz wir unser friheit wellent behaben unde behalten, die wir hant von eyme Roͤmeschen keiser besigelt und bestetiget mit den fúrsten .. daz alle die iuden und iúdin, die ietze under uns gesessen sint oder sitzende werdent zuͦ Rufach, zuͦ Sultze, zuͦ Rynoͧwe, zuͦ Mollesheim und zuͦ Zabern, unsers bistuͦmes stetten, die da benoͤmet sint in den selben hantfesten briefen ane Zabern, die wir dar úber hant und eime bischofe und der stift zuͦ Strasburg eweclich gegeben sint ze diende gewoͤnlichen dienst und sint darumbe úberein kommen fúr uns und unsere nachkommen, daz alle die iuden und iudin, die nu under uns, bischof Berhtolt, gesessen sint und under eime iegelicheme bischofe, der nach uns kommet, sitzende werdent in den selben stetten, die wir oder unser ambaht lúte empfangen hant oder noch empfahende werdent oder die unser nachkommen und der pfleger empfiengent mit briefen oder ane briefe sitzen súllent in unserre und unsers, des vorgenanten capittels und unserre nachkommen troste und schirme, ir libe, guͤtere und gesinde, alle die wile sú under uns oder unsern nachkommen in den vorgenanten stetten geseszen wellent sin umb den dienst, den sie uns, bischof Berhtolde, oder unsern nachkommen dienen und geben súllent, als ir gedinge mit uns ist oder mit uns oder unsern nachkommen wúrt mit briefen oder ane briefe, es si, daz die gedinge mit eime iuden oder einre iudin si oder werde súnderliche oder in gemeinschaft. Unde gelobent wir, der vorgenante bischof Berhtolt, das wir noch unser ambahtlúte noch ieman anders von unsern wegen die selben iuden oder iudin nút fúrbasser trengen súllent noch schaffen getrenget, weder an libe noch an guͦte noch umbe lihen noch umbe geben noch anders in deheine wis úber ir gedinge unde gesetzede, als ir briefe sagent, die sú von uns oder von unsern nachkommen nu hant oder her nach gewúnnent ane geverde bi dem eyde, den wir unserre stifte getan hant, ez enwere denne, das einre oder eine missetete, den oder die súllent wir denne schaffen an offeme gerihte gestellet. Wes sú denne erzúget werdent, als men iuden billich erzúgen sol, des súllent sú engelten. Were ouch, das der iuden deheyme an sinen lip gegriffen wurde, in welin weg das were, dar umb súllent in unser ambahtlúte reht gerihte tuͦn von dem, der es in denne getan het, ane alle geverde. Und dar úber gelubent ouch wir, das vorgenante capittel fúr uns und unser nahckommen, dis selbe stete zuͦ habende, die iuden nút fúrbasser ze trengende noch schaffen getrenget in deheine wis úber das, alse da vorgeschriben stat, ouch bi dem eide, den wir unsere stifte getan hant, ouch alle die wile daz bistuͦme asetzig ist, umb das, daz sie denne bi sunder in unserme trost und schirme sint, so verre wir múgent, ane geverde. Were aber, da vor got si, das dehein iude oder iudin, die nu in unsern vorgenanten stetten sitzent oder sitzende werdent, getrenget doer geschediget wúrdent úber das, alse da vorgeschriben stat, den oder dem súllent wir, der vorgenante bischof Berhtolt, oder unsere nachkommen gebunden sin ze helffende, daz in ir schade ufgerihtet werde, der kúntlich were, ane geverde. Und súllent wir, das vorgenante capittel, dar zuͦ tuͦn unser múgent. Wir, bischof Berhtolt und das capittel, die vorgenanten, gebent und gúnnent ouch fúr uns und unsere nachkommen den iuden, die also under uns sitzent oder sitzende werdent, als da vorgeschriben stat, alle die gnaden und friheite, die andere iuden hant, die in des riches stetten sitzent, die sú von keysern und von kúnigen hant, der ein teil hie nach in disem briefe in latine von worte zuͦ worte geschriben stant unde alsus anvahent .. Ludewicus, dei gratia Romanorum imperator semper augustus .. universis sacri Romani imperii fidelibus presentes litteras inspecturis gratiam suam et omne bonum. Venientes ad nostre maiestatis presenciam iudei Columb[a]r[ie], camere nostre servi, privilegium quoddam .. Alberhti, Romanorum regis, predecessoris nostri, nobis exhibuerunt petentes humiliter idipsum sibi de imperiali clemencia confirmari, cuius tenor de verbo ad verbum talis est .. Alberhtus, dei gratia Romanorum rex semper augustus, universis advocatis, scultetis et iudicibus de Hagenoͧwe usque Rynfelden ac per Alsaciam et Brisgogiam ex utraque parte Reni in civitatibus et locis aliis constitutis, dilectis suis fidelibus, gratiam suam et omne bonum. Illos gratiori humanitate complectimur, quos humilioris legis gravat condicio et qui in sola protectionis nostre et gratie levitate respirant. Quapropter ad vestram noticiam deducimus per presentes, quod nos ad instar dive recordationis domini Ruͦdolfi, Romanorum regis, illustris antecessoris et genitoris nostri karissimi, omnibus iudeis in memoratis locis et terminis in vestris iudiciis et districtibus residentibus has gratias de benignitate regia duximus faciendas, videlicet quod volumus, ut iudeos excommunicatos in vestro iudicio occasione excommunicationis huiusmodi nullatenus molestetis, sed faciatis ipsis ab omnibus responderi ac procedatis pro eisdem in causis suis, prout de iure fuerit procedendum, excommunicationis sententia in ipsos lata aliquatenus non obstante. Item nolumus, quod aliqua inductio, que vulgariter dicitur anleite, fiat super bona mobilia iudeorum predictorum seu aliqua proferatur proscriptionis sententia in eosdem .. Nolumus eciam, quod iidem iudei pro nulla re sive causa in iudiciis vinci debeant, nisi per christianorum pariter et iudeorum testimonium convincantur in corpore vel in rebus. Insuper super eosdem nulla debet emenda penitus iudicari nisi talis, quam civies non nobiles de iure et consuetudine dare debent. Preterea volumus, ut memorati iudei tam viventes quam eciam mortui nullum omnino aliud exsolvant theolonium vel pedagium in locis aliquibus nisi illud solummodo, quod a christianis solvi et dari communiter est consuetum. Ceterum .. volumus et mandamus, ne aliquis vestrum contra prefatos iudeos, camere nostre servos, aliquod statutum bannum seu excommunicacionem ordinet vel instauret, que ipsis iudeis in emptione venalium et necessariorum suorum debeant sive possint praeiudicium vel gravamen in aliquo gravari. In praemissorum omnium testimonium evidens et cautelam praesens scriptum exinde conscribi et maiestatis nostre sigillo iussimus communiri .. Datum Wormacie, VIIͦ kalendas iunii, indictione XIIᵐᵒ, anno domini millesimo ducentesimo nonagesimo nono, regni vero nostri anno primo .. Nos igitur iudeorum nostrorum, ad quos prenotati privilegii gracie se extendunt, commodis gratiose disponentes intendere, qui Romani principis defensione precipue indigerent, adiuvari humillimis supplicationibus inclinati, quod dictum privilegium prout rite et provide concessum est cum omnibus in eo contentis auctoritate imperiali confirmamus. In cuius rei testimonium et nostre confirmacionis presentes conscribi et nostre maiestatis sigillo iussimus communiri .. Datum in Brisaco XVIͦ kalendas septembris, anno domini millesimo trecentesimo tricesimo, regni nostri anno sextodecimo, imperii vero tercio. Wir wellent unde heiszent ouch alle unsere voͧgete, schultheiszen, schaffenere, die rete, die gemeinden und die geswornen aller unserre stette und lender, die unsers bistuͦmes sint, die nu sint oder her nach werdent, daz sú alle unser iuden, die nu under uns in den egenanten stetten sitzent oder sitzende werdent, getruͦwelich in ire schirm und trostunge nemment und in vor sint ire libe unde guͤtere zuͦ beschirmende fúr gewalt, als verre sie kúnnent oder múgent, ane alle geverde. Wir, die vorgenanten, der tuͦmprobest, der dechan und daz capitel, gelobent ouch fúr úns unde unser nachkommen, wenne ie unser bischof abe gat, wer denne unser bischof wart, den súllent wir solich haben, daz wir in empfahent, daz er die vorgenanten ding alle bestetige und gelobe stete zuͦ habende in alle die wis, als da vorgeschriben stat. Wolte aber er des nút tuͦn, so súllent doch die iuden, die denne in den vorgenanten stetten sitzent in des selben bischoves, der denne wúrt, und unsers capitels schirm und trost sin beide, ir libe und ire guͤtere, ein gantz iar us von dem tage, so er bestetiget bischof wúrt. Und war [!] sú denne wellent varen in der selben iares frist, so sol ein bischof, der denne bischof ist, sú beschirmen unde beleiten in wele [!] stat sú wellent drige milen umbe sich von der stat, so iegelich inne sitzet, ir lip unde guͦt. Und súllent wir, daz capitel, unser múgen dar zuͦ tuͦn ane alle geverde. Wir .. die voͤgte, die schultheiszen, die schaffenere, die rete unde die gemeinden der vorgenanten stette, vergehent, daz wir gelopt hant, und gelobent ouch mit geheiszede unserre gnedigen herren, bischof Berhtoldes, unde dez capitels von Strasburg, der vorgenanten, fúr uns unde unser nachkommen, die iuden, die under iegelichem under uns in den selben stetten geseszen sint oder werdent, iedie [!] stat, ir iuden, ir lip unde guͤtere zuͦ beschirmende unde zuͦ behuͤtende vor allem gewalt iemerme, alse verre wir kúnnent oder múgent bi dem eyde, den wir dar umb getan hant, alle die wile sú bi uns gesessen sint, und sú úber die vorgeschribenen ding nút zuͦ trengende, ane alle geverde. Were ouch, daz sú dar úber geschediget oder getrenget wúrdent anders denne mit gerihte, als da vorgeschriben stat, in welre stat under uns daz geschehe, die sol dem oder den iuden, den der schade denne geschehen were, oder iren erben helfen unde rihten nach rechteme gerihte bi dem selben eyde, daz in der schade ufgerihtet werde nach der sachen, als ez denne gelegen ist, als verre sú kúnnent oder múgent, ane alle geverde. Wir, die vorgenanten, der bischof unde daz capitel von Strasburg, vergehent ouch fúr uns und unsere nachkommen, daz alle iuden unde iudin, die zuͦ Egensheim, zuͦ Benevelt, zuͦ Oberkirche unde wa sú under uns sitzent oder sitzende werdent anderswa denne in den vorgenanten stetten, soͤllent sitzen in unserme troste und schirme und in alle die wise, als da vorgeschriben stat, doch also, daz eime keysere und eime kúnúge [!] oder iren lantfoͤgten ire reht da behalten sient. Unde daz diz alles war unde stete blibe, so hant wir, die vorgenanten bischof Berhtolt unde daz capitel, unsere ingesigele zuͦ eime urkúnde gehencket an disen brief und wir, die vorgenanten voͧgete, schultheiszen, schaffenere unde reten von Rufach, von Sultze, von Rynoͧwe, von Mollesheim unde von Zabern unserre stette ingesigele zuͦ der vorgenanten unserre herren ingesigeln gehencket an disen brief. Wir ouch, die voͧgete, die schultheiszen, die rete und die gemeinden der selben stette zuͦ Egensheim, zuͦ Benevelt unde zuͦ Oberkirche, gelobent ouch fúr úns unde unserre nachkommen, stete zuͦ habende alles, daz an disem briefe geschriben stat bi dem eyde, den wir dar umbe getan hant, ane alle geverde. Und hant dar umbe zuͦ eime urkúnde unserre stette ingesigele zuͦ der vorgenanten unserre herren ingesigeln gehencket an disen brief, der geben wart zuͦ Strasburg, an dem mendage vor sancte Cecilien dag des iars, da man zalte von gottes gebúrte drútzehenhundert unde viertzig iar .. Dirre briefe sint drige, der blibet einre eyme bischofe, der andere dem capitel unde der dirte den iuden.

(1) Zum Inhalt der Urkunde König Albrechts I. vgl. EL01, Nr. 35.

Überlieferung:

Strasbourg, AD Bas-Rhin, G 2726/3, Orig. (eine von drei Ausfertigungen), dt. und lat., Perg.

  • Metz, Essai, Tl. 1 (2002), S. 60 und 78; Essai, Tl. 2 (2008), S. 140;
  • Mentgen, Studien (1995), S. 341;
  • GJ 2, 1, S. 190 und 203; GJ 2, 2, S. 615, 696, 723, 811 und 937;
  • Ephraim, Histoire (1925), S. 13;
  • Leupold, Berthold (1882), S. 45.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 03.09.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 253, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-01bs.html (Datum des Zugriffs)

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